Hintergrund
Alpha-Liponsäure ist eine körpereigene,
vitaminähnliche Substanz. Die Liponsäure ist ein Naturstoff,
die als Coenzym
wichtige Aufgaben in den Mitochondrien fast aller Eukaryoten
wahrnimmt. Alpha-Liponsäure neutralisiert freie Radikale und ist ein sehr
wirkungsvolles Antioxidans. Höhere Konzentrationen von Alpha-Liponsäure finden
sich in Fleisch, besonders in Leber, Herz und Nieren. Aber auch Gemüsesorten,
wie Spinat, Brokkoli oder Tomaten beinhalten geringe Mengen Alpha-Liponsäure.
Unter der diabetischen Neuropathie versteht man eine
Erkrankung, die im Rahmen des Diabetes mellitus auftritt. Aufgrund erhöhter
Blutzuckerspiegel wird langfristig das periphere Nervensystem geschädigt. Die
Patienten berichten über eine fehlende Wahrnehmung oder über Gefühlsstörungen
wie Kribbeln, Ameisenlaufen und Brennen.
Ungefähr die Hälfte aller Diabetiker entwickelt im
Verlauf der Krankheit eine Nervenschädigung (Polyneuropathie). Diese Erkrankung
kann sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetiker betreffen. Die
Polyneuropathie beeinträchtigt die Wahrnehmung von Reizen und die Funktion von
Organen.
Symptome einer
Polyneuropathie
Typische Symptome sind Schmerzen, Missempfindungen und
Taubheitsgefühl, die sich in der Regel von den Zehen über die Füße und
Unterschenkel in Richtung Oberschenkel ausbreiten. Häufig werden die Schmerzen
als brennend, bohrend, einschießend, krampfartig oder stechend beschrieben.
Charakteristisch ist die nächtliche Verschlechterung der Beschwerden sowie ihre
Besserung beim Gehen. Ein weiteres charakteristisches Symptom ist die Überempfindlichkeit
auf Berührungen jeder Art (kutane Hyperästhesie). Bereits der Kontakt mit
Kleidung oder Bettlaken kann beispielsweise Schmerzen auslösen.
Medikamentöse Therapie der diabetischen Polyneuropathie
Die medikamentöse Standard-Therapie der
peripheren Polyneuropathie beim Diabetes bietet selten eine komplette Schmerzlinderung
und ist auch nicht geeignet das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Das
Auftreten einer peripheren Neuropathie im Rahmen des Diabetes, aber auch das
Fortschreiten kann durch eine strenge Kontrolle
des Blutzuckers deutlich verzögert werden. In der Realität wird diese gute
Blutzuckerkontrolle oft nicht erreicht.
Es liegen deutliche Hinweise vor, dass
oxidative Prozesse bei der Entstehung der
diabetischen Polyneuropathie eine wichtige Rolle spielen.
Aufgrund seiner Eigenschaften als
potentes Antioxidanz, könnte
Alpha-Liponsäure die Entwicklung einer
Neuropathie bremsen und sich günstig auf die Symptome auswirken.
In Deutschland ist Alpha-Liponsäure als
Arzneimittel zur Behandlung von Missempfindungen bei diabetischer
Polyneuropathie zugelassen (Handelsnamen: Alpha-Lipogamma®, Liponsäure-ratiopharm®, Thioctacid®, Thiogamma®).
Wirkungsweise von
Alpha-Liponsäure
Alpha-Liponsäure wirkt als Antioxidanz der neuronalen
Schädigung durch freie Radikale entgegen. Alpha-Liponsäure wirkt auf
verschiedenen Ebenen ursächlich auf die Mechanismen, die zur Schädigung
peripherer Nerven führen. Beispielsweise verbessert es den gestörten neuronalen
Energiestoffwechsel. Bei den biochemischen Wirkungen müssen neben den
antioxidativen auch die antientzündlichen Effekte erwähnt werden.
Untersuchungen zur
Wirksamkeit
In kontrollierten Studien konnte der Nachweis erbracht
werden, dass intravenös applizierte Liponsäure in einer Dosierung von 600 mg /
Tag über 3 Wochen zu einer Verbesserung der neuropathischen Symptome
(Schmerzen, Brennen, Missempfindungen und Taubheitsgefühl) und Defizite (u. a.
Sensibilitätsstörungen) führt. Auch die orale Gabe in Form von Tabletten
verbesserte die Beschwerden nach etwa 4 bis 6 Monaten Behandlung (800 bis 1800 mg / Tag). Zudem wurde über eine
Verbesserung objektiv zu messender Parameter, wie der Nervenleitgeschwindigkeit
nach 2 Jahren Therapie (600 / 1200 mg / Tag) berichtet (3).
Besser als einzelne Studien eignen sich Metaanalysen und
Übersichtsarbeiten zur Beurteilung der Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure.
In einer Übersichtarbeit aus dem Jahre
2011 wurden klinische Daten zur Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure
analysiert (2). Diese Bestandsaufnahme umfasste die Daten von 1160
Teilnehmern aus der ALADIN, SYDNEY, ORPIL, SYDNEY
2 und ALADIN III-Studie.
In vier dieser Studien konnte für
Alpha-Liponsäure eine signifikante Verbesserung der Symptome der diabetischen
Neuropathie nachgewiesen werden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Alpha
Liponsäure eine gut verträgliche und wirksame Therapie der peripheren
Neuropathie bei Diabetes-Patienten darstelle.
In einer Metaanalyse aus dem Jahre 2012 wurde die Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure bei der Behandlung der peripheren Neuropathie von Patienten mit Diabetes erneut bewertet (1).
In einer Metaanalyse aus dem Jahre 2012 wurde die Wirksamkeit von Alpha-Liponsäure bei der Behandlung der peripheren Neuropathie von Patienten mit Diabetes erneut bewertet (1).
Wesentliches Ergebnis dieser Analyse:
Bei intravenöser Gabe in einer Dosierung von 600 mg / Tag über einen Zeitraum von 3 Wochen verabreicht,
führt Alpha-Liponsäure zu einer signifikanten und klinisch relevanten
Abnahme neuropathischer Schmerzen.
In Bezug auf die orale Gabe von Alpha Liponsäure sind die Ergebnisse nicht so
eindeutig: Es bleibt unklar, ob die
signifikanten Verbesserungen nach 3 bis
5 Wochen der Tabletten-Einnahme in
einer Dosierung von > 600 mg / Tag wirklich klinisch relevant
sind.
Daten zur Langzeit-Wirksamkeit von
Alpha-Liponsäure
Forscher
der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf haben die Wirksamkeit von
Alpha-Liponsäure im Vergleich zu Placebo bei 460 Diabetes-Patienten mit
Polyneuropathie über einen Zeitraum von 4 Jahren untersucht. Die Patienten
erhielten täglich 600 mg Alpha-Liponsäure in Tablettenform. Primärer
Zielparameter der Studie war ein zusammengesetzter Endpunkt aus einem
Beschwerde-Score und verschiedenen neurophysiologischen Tests. Ergebnisse: Beim
primären Zielparameter zeigten sich nach 4 Jahren kein signifikanter
Unterschied zwischen Alpha-Liponsäure und Placebo. Der Neuropathie-Beschwerde-Score
als sekundärer Endpunkt besserte sich hingegen unter Alpha-:Liponsäure
signifikant im Vergleich zur Placebo-Behandlung. Zudem zeigten mehr Patienten
unter Alpha-Liponsäure eine klinische relevante Verbesserung der Symptome.
Darüber hinaus kam es bei weniger Patienten der Alpha-Liponsäure-Gruppe zu
einem Fortschreiten der Polyneuropathie. Die Studienautoren weisen darauf hin,
dass es in der Placebogruppe widererwartend nicht zu einer signifikanten
Verschlechterung der Polyneuropathie kam und dass es daher nicht möglich war,
einen Vorteil bei der Progression der Erkrankung zugunsten von Alpha-Liponsäure
zu zeigen (4).
Naturheilmittel und ihre Anwendung
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Pflanzliche Wirkstoffe
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Erkrankung -
Anwendungsgebiet
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Migräne
Kopfschmerzen
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Entzündliche
Gelenkerkrankungen
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Leberschäden
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Schlafstörungen
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Gelenkarthrose
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Klimakterische
Beschwerden
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Erkältungskrankheiten/Immunstimulanz
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Gedächtnisschwäche
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Störung
der Gedächtnisleistung
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Übelkeit in der
Schwangerschaft
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Rücken-
und Gelenkschmerzen
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Atemwegsinfektionen
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Schmerzlinderung
bei Rückenschmerzen
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Neurodermitis
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Prämenstruelles
Syndrom
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Husten, Erkältung,
Sinusitis
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Reizdarmsyndrom,
Kopfschmerzen
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Husten, Erkältung,
Bronchitis
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Unruhezustände,
Nervosität, Angst
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Link: Naturheilmittel beim Diabetes – Wirksam oder unwirksam?
Fazit
Die Behandlung mit Alpha-Liponsäure in einer
Dosierung von 600 mg i.v., täglich für 3 Wochen,
stellt eine gut
verträgliche und wirksame Therapie der
peripheren sensomotorischen Polyneuropathie bei Diabetes-Patienten dar.
Eine orale Dosis
von 600 mg Alpha-Liponsäure täglich
für Wochen bis Jahre verabreicht, kann sich positiv auf die Symptome
einer peripheren Neuropathie auswirken. Der langfristige Verlauf der Polyneuropathie
lässt sich wahrscheinlich durch eine Alpha-Liponsäure-Therapie nicht wesentlich
beeinflussen.
1. Mijnhout GS, Kollen BJ, Alkhalaf A, Kleefstra N, Bilo HJ.
Alpha lipoic Acid for symptomatic peripheral neuropathy in patients with diabetes: a meta-analysis of randomized controlled trials.
Int J Endocrinol. 2012;2012:456279. Epub 2012 Jan 26.
Alpha lipoic Acid for symptomatic peripheral neuropathy in patients with diabetes: a meta-analysis of randomized controlled trials.
Int J Endocrinol. 2012;2012:456279. Epub 2012 Jan 26.
2.
McIlduff CE, Rutkove SB.
Critical appraisal of the use of alpha lipoic acid (thioctic acid) in the treatment of symptomatic diabetic polyneuropathy.
Ther Clin Risk Manag. 2011;7:377-85.
Critical appraisal of the use of alpha lipoic acid (thioctic acid) in the treatment of symptomatic diabetic polyneuropathy.
Ther Clin Risk Manag. 2011;7:377-85.
3. Ziegler D, Reljanovic M, Mehnert H, Gries FA: α-Lipoic acid in the
treatment of diabetic polyneuropathy in Germany: current evidence from clinical
trials.
Exp. Clin. Endocrinol. Diabetes 1999, 107: 421–430.
4. Ziegler D, Low PA, Litchy WJ, et al. Efficacy and safety of antioxidant treatment with α-lipoic acid over 4 years in diabetic polyneuropathy: the NATHAN 1 trial. Diabetes Care. 2011 Sep;34(9):2054-60.
Exp. Clin. Endocrinol. Diabetes 1999, 107: 421–430.
4. Ziegler D, Low PA, Litchy WJ, et al. Efficacy and safety of antioxidant treatment with α-lipoic acid over 4 years in diabetic polyneuropathy: the NATHAN 1 trial. Diabetes Care. 2011 Sep;34(9):2054-60.