Chinin zur Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen

 

Ist die Wirksamkeit und Sicherheit von Chinin zur Behandlung von Muskelkrämpfen ausreichend belegt?



Hintergrund:

Chinin ist ein bitter schmeckender Naturstoff aus der Rinde des Chinarindenbaumes. Chinin ist in geringen Mengen in Getränken wie Bitter Lemon oder Tonic Water enthalten. Chinin wird verwendet, um Muskelkrämpfe verschiedener Ursache zu behandeln.

Muskelkrämpfe können überall und aus den unterschiedlichsten Gründen auftreten. Chinin vermindert Muskelkrämple durch Herabsetzung der Erregbarkeit des Muskels. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Chinin wird gegenwärtig kontrovers diskutiert.

In einer Cochrane-Übersichtsarbeit wurden die bisher publizierten Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Chinin bei der Behandlung von Muskelkrämpfen bewertet. Als Arzneitmittel ist Chinin in Deutschland zur Prophylaxe und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe zugelassen.


Ergebnisse:

Grundlage der Analyse bildeten 23 Studien mit insgesamt 1586 Teilnehmern. 58 Prozent dieser Teilnehmer kamen aus fünf bisher unveröffentlichten Studien. Chinin wurde im Vergleich zu Placebo (20 Studien, n = 1140), Vitamin E (vier Studien, n = 543), einer Chinin-Vitamin-E-Kombination (drei Studien, n = 510) und einer Chinin-Theophyllin-Kombination (eine Studie, n = 77) untersucht. Die am häufigsten verwendete Chinin-Dosis betrug 300 mg/Tag (Bereich von 200 bis 500 mg).

Im Vergleich zu Placebo reduzierte Chinin die Zahl der Muskelkrämpfe innerhalb von zwei Wochen um 28 %, die Krampfintensität konnte dabei um 10 % reduziert werden und die Anzahl der Tage an denen Krämpfe aufttraten wurde um 20 % vermindert. Hingegen wurde die Krampfdauer nicht signifikant beeinflusst. Eine deutlich größere Anzahl von Teilnehmern erlitt leichte Nebenwirkungen unter Chinin als unter Placebo (Risikodifferenz 3 %, 95 % Konfidenzintervall 0 % bis 6 %), vor allem Magen-Darm-Symptome. Eine Überdosierung von Chinin kann möglicherweise tödliche Nebenwirkungen haben. In den eingeschlossenen Studien gab es keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die Nebenwirkungen im Vergleich zu Placebo (RD 0 %, 95 % CI -1 % bis 2 %). Ein Teilnehmer unter Chinin erlitt eine Thrombozytopenie (0,12 % Risiko).
Eine Chinin-Vitamin-E-Kombination war nicht wirksamer als Vitamin E oder Chinin allein. Basierend auf einer Studie fanden sich Hinweise, dass eine Chinin-Theophyllin-Kombination wirkamer ist zur Reduktion von Muskelkrämpfen als die alleinige Gabe von Chinin.

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Sicherheit und Verträglichkeit von Chinin

Chinin kann zu schweren Blutbildveränderungen, insbesondere zu einer Thrombozytopenie führen. Außerdem wird auf mögliche allergischen Reaktionen hingewiesen, die besonders zu Behandlungsbeginn auftreten können. Auch Herzrhythmusstörungen können unter der Chinin-Behandlung auftreten.

Seit dem 1. April 2015 ist das Chinin-haltige Arzneimittel Limptar® der Verschreibungspflicht unterstellt. Der Grund für die ausnahmslose Unterstellung unter die Rezeptpflicht sind schwere unerwünschte Wirkungen von Chinin.
Limptar® soll künftig nicht mehr uneingeschränkt zur Therapie und Prophylaxe nächtlicher Wadenkrämpfe eingesetzt werden, sondern nur noch, wenn diese sehr häufig oder besonders schmerzhaft sind und nicht-pharmakologische Maßnahmen die Beschwerden nicht ausreichend lindern können.


Fazit:

Studien zufolge vermindert Chinin in einer Dosierung von 200 mg bis 500 mg täglich die Zahl der Muskelkrämpfe und die Anzahl der Tage mit Krämpfen im Verlgeich zu Placebo. Die methodische Qualität dieses Nachweises wird als gering eingeordnet. Von etwas höherer Qualität ist der Nachweis einer verminderten Krampfintensität unter Chinin im Verlgeich zu Placebo. Ergebnisse aus einer Studie legen nahe, dass Theophyllin in Kombination mit Chinin stärker Muskelkämpfe vermindert als Chinin allein. Es liegen Hinweise vor, dass bis zu einer Anwendungsdauer von 60 Tagen die Häufigkeit von schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse unter Chinin nicht wesentlich größer ist als unter Placebo. Weil aber einige der schweren Nebenwirkungen tödlich enden können, wurde Chinin in mehreren Ländern, u.a. in Deutschland, der Verschreibungspflicht unterworfen. Eine weitere Forschung zu Alternativen sowie anderen pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Behandlungen von Muskelkrämpfen ist notwendig. Bisher fehlen Daten zum Nachweis einer optimalen Dosierung oder Behandlungsdauer von Chinin. Weitere Studien mit unterschiedlichen Dosierungen und der Messung von Chinin-Blutspiegeln sind notwendig, um den optimalen therapeutischen Bereich von Chinin zur Behandlung von Muskelkrämpfen zu definieren. Weil schwere Nebenwirkungen unter Chinin eher selten auftreten, sind große Studien erforderlich, um deren Häufigkeit genauer zu erfassen.

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Quellennachweis / Literatur:

El-Tawil S, Al Musa T, Valli H, Lunn MP, Brassington R, El-Tawil T, Weber M. Quinine for muscle cramps. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Apr 5;4:CD005044.



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