Carnitin im Ausdauersport – Wirksam oder unwirksam?

 

Carnitin im Ausdauersport – wirksam oder unwirksam?



Ist eine Leistungssteigerung bei Ausdauersportlern durch die Einnahme von Carnitin möglich?


Welche Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet?

  • Stimuliert Carnitin die Fettverbrennung?
  • Wie wirkt L-Carnitin?
  • Gibt es einen Carnitinmangel?
  • Welche Dosierungen von L-Carnitin werden empfohlen?
  • Wie wahrscheinlich ist eine Leistungssteigerung in Ausdauersportarten unter der Einnahme von Carnitin?
  • Ist die Wirksamkeit von Carnitin bei Ausdauersportlern, wie Läufern oder Radfahrern durch überzeugende Studiendaten belegt?
  • Welche Nebenwirkungen sind unter der Einnahme von Carnitin möglich?


Rationale für die Anwendung von Carnitin bei Leistungssportlern zur Verbesserung des Fettstoffwechsels


Der Anteil der Fettverbrennung an der Energiebereitstellung unter körperlicher Belastung steigt mit sinkendem Auslastungsgrad, d.h. bei Belastungen mit etwa 50 % der maximalen Leistungsfähigkeit (VO2max) ist der Anteil der Fettverbrennung deutlich größer als unter höherer Auslastung (z.B. 80 % der VO2max). Damit die Fettsäuren optimal zur Energiebereitstellung beitragen können, muss sichergestellt sein, dass alle Stoffwechselschritte bis zur Bildung von ATP optimal ablaufen. Einer dieser Schritte stellt der Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien dar. Langkettige Fettsäuren können nur gebunden an L-Carnitin durch die Mitochondrien-Membranen transportiert werden. Der carnitinabhängige Fettsäuretransport erfolge bereits bei physiologischen Carnitin-Konzentrationen mit Maximalgeschwindigkeit. Eine Umsatzsteigerung durch zusätzliche Carnitingaben ist daher sehr unwahrscheinlich.

Anders ist die Situation bei Vorliegen eines Carnitinmangels, hier kann die Supplementierung von Carnitin den Fettsäureabbau normalisieren und damit den Fettstoffwechsel insgesamt optimieren.

Eine Optimierung des Fettstoffwechsels ist aber nicht gleichzusetzen mit einer Leistungssteigerung. Denn bei Maximalbelastungen ist der Anteil der Fettverbrennung an der gesamten Energiebereitstellung sehr gering. Eine Ausnahme stellen Marathonläufe, lange Radrennen und Langdistanz-Triathlon-Wettkämpfe dar. Hier kommt der Fettverbrennung auch während des Wettkampfes ein besonderer Stellenwert zu.

Es wird zudem postuliert, dass die zusätzliche Gabe von Carnitin bei einem Ausdauertraining mit niedriger Belastungsintensität als „Fatburner“ die Fettverbrennung stimuliert und damit einer Reduktion des Körperfettanteils ermöglicht.
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Studien zur Wirksamkeit von Carnitin zur Leistungssteigerung im Ausdauersport

In einer doppelblinden Crossover-Studie wurde an trainierten Marathonläufern geprüft, ob die Gabe von Carnitin direkt vor und während des Marathons einen leistungssteigernden Effekt aufweist (1).

Die Ergebnisse zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die akute Gabe von L-Carnitin keinen Einfluss auf den Energiestoffwechsel während des Marathonlaufs habe. Zudem werde die körperliche Leistungsfähigkeit und damit die Marathonzeit durch eine Carnitinaufnahme nicht verbessert. Auch eine Beschleunigung der Regeneration nach dem Wettkampf konnte durch eine Carnitingabe nicht belegt werden (1).

Eine weitere Übersichtsarbeit kommt zu dem Schluss, dass L-Carnitin keinen signifikanten Effekt auf die sportliche Leistungsfähigkeit habe (3).

Im Gegensatz zu den Befunden beim Menschen scheint es, dass nach L-Carnitin Supplementierung bei Tieren eine Erhöhung des Muskel-Carnitingehalts erreicht werden kann. Beispielsweise zeigte sich, dass die tägliche Carnitingabe über 4 Wochen den Carnitingehalt des Soleusmuskels bei trainierten Ratten um 50 % erhöht und beim Schwimmtest die Zeit bis zur Erschöpfung um 30 % verlängert (2).

Eine mögliche Erklärung für die Diskrepanz in den Ergebnissen aus tierexperimentellen Studien und kontrollierten Untersuchungen am Menschen lieferte Stephens und Mitarbeiter in einer 2007 veröffentlichten Übersichtsarbeit zur Regulation der Carnitinaufnahme (6).

In der Mehrzahl der einschlägigen Studien bei gesunden Personen konnte bis heute nicht nachgewiesen werden, dass die orale oder intravenöse L-Carnitin Gabe den Gehalt von Carnitin in der Skelettmuskulatur erhöht (6). Zum Beispiel zeigte weder die orale Gabe von L-Carnitin täglich bis zu 3 Monaten noch intravenös infundiertes L-Carnitin einen Effekt auf den Carnitingehalt des Muskels insgesamt. Auch die tägliche Einnahme von 2 - 5 g L-Carnitin jeweils vor einer Trainingseinheit für bis zu 3 Monaten hatte keine Auswirkung auf das Anstrengungsempfinden, die maximale sportliche Leistungsfähigkeit (VO2 max), den respiratorischen Quotienten oder den Glykogengehalt am Ende der Belastung (6). 

Als wesentlicher Grund für den fehlenden Anstieg im Carnitingehalt des Muskels beim Menschen unter der Carnitingabe wird zum einen die schlechte Bioverfügbarkeit von oral verabreichtem L-Carnitin (< 20 % für eine 2 - 6 g Dosis) diskutiert, zum anderen zeigt die fehlende Wirkung einer intravenösen L-Carnitingabe auf den Muskel-Carnitingehalt, dass wahrscheinlich der Carnitin-Transport in den Muskel der begrenzende Faktor bei gesunden Menschen darstellt (5, 6).

Stephens und Mitarbeiter diskutieren in ihrer Übersichtsarbeit einen Weg den Carnitin-Transport in den Muskel zu verbessern, der es möglich erscheinen lässt, den Carnitingehalt in der Muskulatur auch beim Menschen zu erhöhen und damit die Voraussetzung für eine optimierte Fettverbrennung zu schaffen (6). Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass hohe Insulinspiegel im Blut die Carnitinaufnahme in die Muskulatur verbessern. Erst Untersuchungen deuten darauf hin, dass die gleichzeitige Verabreichung einer Glukoselösung zusammen mit Carnitin zu einer verbesserten Carnitinaufnahme in den Muskel führt (5, 6).

Im Einklang mit der Hypothese, dass die Verfügbarkeit von freiem Carnitin im Muskel das Ausmaß der Fettoxidation während eines hochintensiven Trainings begrenzt, kann davon ausgegangen werden, dass eine Zunahme des Carnitin-Angebotes im Muskel die üblicherweise mit steigender Belastungsintensität zu beobachtende Abnahme der Fettverbrennung voll kompensiert und letztlich die Glykogenreserven schont.

Es ist erwähnenswert, dass trainierte Sportler während des Trainings eine höhere Kapazität der Fettsäure-Verbrennung haben und die Muskulatur insgesamt einen höheren Carnitingehalt im Vergleich zu untrainierten Kontrollpersonen aufweist. Weiterhin zeigen In-vitro-Untersuchungen, dass eine Zunahme des Muskel-Carnitingehaltes den Eintritt von muskulärer Ermüdung deutlich hinauszögert (6).


Dosierung

  • Biocarn: 1 g L-Carnitin (3,3 ml Lösung = 1 Messbecher) pro Tag (7).
  • L-CARN® Trinklösung: Erwachsene erhalten durchschnittlich 3 g Levocarnitin pro Tag auf 3 Einzelgaben verteilt (8).


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Unter der Einnahme von L-Carnitin wurden gelegentlich Übelkeit und Erbrechen beobachtet. In sehr seltenen Fällen kann nach längerer Anwendung in hoher Dosierung ein fischähnlicher Körpergeruch auftreten (7).


 

 

Fazit

Im menschlichen Organismus übernimmt L-Carnitin eine zentrale Rolle bei Energiegewinnung aus dem Abbau langkettiger Fettsäuren.

Die Nahrungsergänzung mit Carnitin wird angepriesen als eine Möglichkeit, die Aufnahme und die Oxidation von Fettsäuren in den Mitochondrien zu erhöhen. Allerdings zeigte sich in Untersuchungen an Sportlern, dass die Muskel-Carnitinspiegel nach oraler Gabe von Carnitin nicht zunahmen. Dementsprechend konnte in der Mehrzahl der kontrollierten Studien keine Wirkung von Carnitin im Sinne einer Verbesserung der Fettverbrennung nachgewiesen werden. Auch eine erhöhte absolute Leistungsfähigkeit, gemessen an der VO2max oder eine verlängerte Ausdauerleistungsfähigkeit konnten nicht dokumentiert werden (4). Auf Basis dieser Ergebnisse muss davon ausgegangen werden, dass eine Carnitin-Supplementation bei Sportlern zur Leistungsverbesserung nicht wirksam ist.


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Literatur


1. Colombani P, Wenk C, Kunz I, Krähenbühl S, Kuhnt M, Arnold M, Frey-Rindova P, Frey W, Langhans W. Effects of L-carnitine supplementation on physical performance and energy metabolism of endurance-trained athletes: a double-blind crossover field study. Eur J Appl Physiol Occup Physiol. 1996;73(5):434-9.

2. Bacurau RF, Navarro F, Bassit RA, Meneguello MO, Santos RV, Almeida AL, Costa Rosa LF. Does exercise training interfere with the effects of L-carnitine supplementation? Nutrition. 2003 Apr;19(4):337-41.

3. Pekala J, Patkowska-Sokoła B, Bodkowski R, Jamroz D, Nowakowski P, Librowski T. L-carnitine--metabolic functions and meaning in humans life. Curr Drug Metab. 2011 Sep;12(7):667-78.

4. Spriet LL, Perry CG, Talanian JL. Legal pre-event nutritional supplements to assist energy metabolism. Essays in biochemistry. Essays Biochem. 2008;44:27-43.

5. Gonzalez JT, Stevenson EJ. New perspectives on nutritional interventions to augment lipid utilisation during exercise. Br J Nutr. 2012 Feb;107(3):339-49.

6. Stephens FB, Constantin-Teodosiu D, Greenhaff PL. New insights concerning the role of carnitine in the regulation of fuel metabolism in skeletal muscle. J Physiol. 2007 Jun 1;581(Pt 2):431-44. Review.

7. Fachinformation Biocarn, Stand Juni 2010

8. Fachinformation L-CARN® Trinklösung, Stand Januar 2012