Hintergrund
Es muss hervorgehoben werden, dass Fieber keine Erkrankung ist, sondern eine physiologische Reaktion des Körpers, die hilft Infektionen zu bekämpfen. Fieber verlangsamt das Wachstum und die Vermehrung von Bakterien und Viren und stärkt die Immunabwehr durch eine Aktivierung von Neutrophilen und Lymphozyten.Beim Fieber handelt es sich nicht einfach um eine Erhöhung der Körpertemperatur, sondern um eine kontrollierte Erhöhung über den Normalbereich hinaus. Dieser Anstieg der Körpertemperatur resultiert aus einer Veränderung des Temperatursollwertes im hypothalamischen Wärmeregulationszentrum. Alle nachfolgenden Reaktionen des Körpers (z.B. das Frieren) zielen nur darauf ab, diesen neuen Temperatursollwert zu erreichen. Dieser Mechanismus ist vergleichbar mit dem Hochsetzen eines Thermostaten an der Heizung. Fieber unterscheidet sich damit ganz wesentlich von einer Hyperthermie, wie sie z.B. durch einen langen Aufenthalt in der Sauna zu Stande kommt. Bei einer Hyperthermie wird vom Körper von Außen mehr Wärme aufgenommen als durch die vielfältigen Wärmeabgabemechanismen verloren geht. Die Anwendung von Wadenwickel oder das Kühlen der Leistengegend mit Eiswasser gefüllten Beuteln führt bei Fieber in der Regel nicht zu einer anhaltenden Senkung des Fiebers, weil der Körper den Stoffwechsel ankurbelt, um den neuen Temperatursollwert zu stabilisieren.
Fiebersenkende Medikamente wie z.B. Paracetamol oder Ibuprofen wirken hingegen, indem sie den Temperatursollwert im Wärmeregulationszentrum wieder normalisieren („Reset des Thermostaten). Die Folge ist eine Abnahme der Körpertemperatur, z.B. durch ein vermehrtes Schwitzen.
Um die Ausgangsfrage zu beantworten, ob eine Fiebersenkung grundsätzlich anzustreben ist, gilt es zunächst zu klären, ob ein anhaltendes Fieber zu einer Schädigung des Organismus führt. Die Antwort ist eindeutig nein. Bisher gibt es keinen Nachweis, dass Fieber einen schädigenden Effekt auf den Körper hat. Der Ausgang einer fieberhaften Erkrankung ist entscheidend von der zugrundliegenden Erkrankung (z.B. Infektion) abhängig, nicht von der Höhe des Fiebers. Es gibt keine Hinweise, dass eine Fiebersenkung zu einer verringerten Erkrankungshäufigkeit oder Sterblichkeit führt (1). Es gibt zudem keine Belege, dass eine routinemäßige Gabe von fiebersenkenden Medikamenten das Auftreten von Fieberkrämpfen vermindert.
Warum geben wir dann eigentlich Arzneimittel zur Fiebersenkung?
Das allgemeine Wohlergehen, die deutliche Besserung der Symptome von Kindern mit Fieber nach der Gabe von fiebersenkenden Medikamenten wird oft der Fieberreduktion zu geschrieben, obwohl diese Medikamente auch schmerzlindernd wirken und dadurch ebenfalls das Wohlergehen fördern.Diese positiven Wirkungen auf die Symptome als Folge der Fiebersenkung sind ein wichtiger Grund für die weitverbreitete und oft sehr frühzeitige Anwendung von fiebersenkenden Medikamenten. Trotzdem gilt es, eine Nutzen-Risiko-Abwägung für den routinemäßigen Einsatz von Paracetamol, ASS oder Ibuprofen vorzunehmen. Nebenwirkungen unter den Standarddosierungen von Paracetamol und Ibuprofen zur Fiebersenkung sind insgesamt selten. Gastrointestinale Nebenwirkungen, wie eine Gastritis, sind unter regelmäßiger Einnahme von Ibuprofen genauso bekannt wie ein möglicher negativer Einfluss auf die Nierenfunktion. Auch Paracetamol gilt in der Standarddosierung als sicher, kann aber bei einer Überdosierung zu Leberschäden führen. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass eine regelmäßige Anwendung von Paracetamol im ersten Lebensjahr das Risiko für das spätere Auftreten von Asthma bronchiale erhöht (4).
Nicht sinnvoll ist es, fiebersenkende Medikamente zur Verkürzung der Erkrankungsdauer oder zur Vorbeugung von Fieberkrämpfen einzunehmen. Untersuchungen belegen, dass es unter Paracetamol nicht zu einer beschleunigten Genesung kommt und auch das wiederholte Auftreten von Fieberkrämpfen wird nicht beeinflusst (2). Insgesamt wird die Fieberdauer unter der Einnahme der Medikamente nicht verkürzt. Hingegen gibt es Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass eine medikamentöse Fiebersenkung einzelne Aspekte der Krankheitsprogression negativ beeinflussen. Bei viralen Infektionen konnte z.B. gezeigt werden, dass es unter fiebersenkenden Medikamenten zu einer verzögerten Virusausscheidung kommt. Eine weitere Untersuchung deutet darauf hin, dass die Einnahme von Paracetamol oder ASS die Krankheitsdauer verlängern kann (2).
Für die Anwendung von fiebersenkenden Arzneimitteln bei Kindern gibt es daher eine zurückhaltende Empfehlung. Demnach soll Paracetamol oder Ibuprofen bei ansonsten gesunden Kindern nicht bei Fieber unter 39°C angewendet werden (2).
Die Behandlung von Fieber mit Paracetamol oder Ibuprofen kann zu einem Rückgang der Körpertemperatur um 1 bis 2°C führen. Die fiebersenkende Wirkung beginnt nach weniger als einer Stunde nach Einnahme und erreicht ihr Maximum nach ca. 3 bis 4 Stunden. Die Dauer der fiebersenkenden Wirkung hält unter Paracetamol etwa 4 bis 6 Stunden und unter Ibuprofen ca. 6 bis 8 Stunden an (3).
Wie ist Fieber definiert?
Als am zuverlässigsten gilt die rektal gemessene Körpertemperatur. Fieber liegt vor ab einer Temperatur von 38,2°C.Wird die Temperatur im Mund gemessen (oral) dann gilt als Grenzwert für die Diagnose Fieber eine Temperatur von über 37,8°C.
Die axilläre Messung (unter dem Arm) gilt als unzuverlässig.
Zu beachten ist, dass die Körpertemperatur im Laufe des Tages um etwa 1° C ansteigen kann. Während morgens die rektal gemessene Temperatur im Mittel bei 36,5°C liegt, werden am Abend im Durchschnitt 37,8°C gemessen. Körperliche Aktivität hat einen wesentlichen Einfluss auf die Körpertemperatur. Unter langandauernder körperlicher Anstrengung kann die Körpertemperatur um bis zu 2°C ansteigen.
Fazit
Fieber ist keine Erkrankung, die medikamentös behandelt werden muss. Allein das Vorliegen von Fieber rechtfertigt nicht die Einnahme von fiebersenkenden Medikamenten. Begleitende Symptome können jedoch die Einnahme von Paracetamol, ASS oder Ibuprofen bei Erwachsenen sinnvoll erscheinen lassen. Insbesondere Kinder mit deutlich ausgeprägter Symptomatik profitieren ab einer Körpertemperatur von 39°C von einer medikamentösen Fiebersenkung mit Paracetamol oder Ibuprofen.Quelle / Literatur:
1. McIntyre J. Management of fever in children. Arch Dis Child. 2011 Dec;96(12):1173-4.2. Miller R, Bailey J. Sullivan K. Does lowering a fever >101°F in children improve clinical outcomes? J Fam Pract. 2010 Jun;59(6):353, 360.
3. Sullivan JE, Farrar HC. Fever and antipyretic use in children. Pediatrics. 2011 Mar;127(3):580-7.
4. Weatherall M, Ioannides S, Braithwaite I, Beasley R. The association between paracetamol use and asthma: causation or coincidence? Clin Exp Allergy. 2015 Jan;45(1):108-13.
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