Homöopathie im Kindesalter
Wie wirksam sind homöopathische Mittel bei Kindern?
Welche
Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet?
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Gibt es überzeugende Daten zur
Wirksamkeit der Homöopathie?
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Sind homöopathische Mittel bei Kindern
mit Migräne-Kopfschmerzen wirksam?
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Hilft Homöopathie beim ADHS?
(Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom) |
Sind Homöopathika bei
der Behandlung des Atopischen Ekzems wirksam?
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Wirken
homöopathische Mittel bei akutem Durchfall im Kindesalter?
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Kommt es unter der Anwendung von homöopathischen Mitteln häufig zu
Nebenwirkungen?
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Hintergrund
Der Begriff "Homöopathie"
entstammt der griechischen Sprache und wird vielfach mit "ähnliches Leiden" übersetzt. Das
bedeutet, dass in der Homöopathie
eine Erkrankung mit einer kleinen Menge eines Naturstoffs behandelt wird, die beim
gesunden Menschen, in höherer Dosis verabreicht, zu ähnlichen Symptomen führt,
wie sie für diese Erkrankung charakteristisch sind.
Die Homöopathie wird
von Teilen der wissenschaftlichen Medizin auch als wirkungslose
Behandlungsmethode angesehen.
Homöopathische
Arzneimittel unterliegen wie alle anderen Medikamente dem Arzneimittelgesetz
(AMG). Gleichzeitig zählt die Homöopathie zu den besonderen Therapierichtungen.
Da homöopathische Mittel besonders bei chronischen Beschwerden ganz individuell
ausgewählt werden, kann ein und dasselbe Mittel bei verschiedenen Beschwerden
eingesetzt werden. Die Mittel der Homöopathie brauchen ihre Wirksamkeit nicht
in Studien nachweisen. Homöopathika dürfen dann auch keine Anwendungsgebiete
auf der Packung angeben. Zudem liegt Ihnen oft keine Gebrauchsinformation bei.
Anwendungsgebiete
Besonders
häufig werden homöopathische Arzneimittel bei chronischen Erkrankungen
eingesetzt: bei Kindern insbesondere bei Neurodermitis und Infektanfälligkeit (3).
Auch
Magen-Darm-Beschwerden, Asthma, Durchfall, Ohrenschmerzen und Migräne-Kopfschmerzen häufig homöopathisch behandelt.
Bei
Patienten-Befragungen wurde über ein gutes Ansprechen homöopathischer Methoden
bei den Diagnosen Migräne / Kopfschmerzen, chronischer Schnupfen,
Rückenschmerzen, Neurodermitis, Regelschmerzen und Schuppenflechte berichtet (3,
4).
Erstattungsfähigkeit von Homöopathika durch die
Krankenkassen
Die gesetzliche
Krankenversicherung erstattet zum Teil auch homöopathische Präparate. Grundsätzlich
sind Homöopathika (nicht-verschreibungspflichtig
und verschreibungspflichtig) für Kinder unter 12 Jahren unter Beachtung des
Wirtschaftlichkeitsgebots durch den Arzt verordnungsfähig.
Wirkmechanismus
Ein pharmakologischer
Wirkmechanismus für homöopathische Arzneimittel ist bis heute nicht bekannt.
Die Homöopathie
basiert auf der Grundannahme des von Hahnemann formulierten
Ähnlichkeitsprinzips: „Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“ (similia
similibus curentur). Folglich sollte ein Mittel so ausgewählt werden, dass es
an Gesunden ähnliche Symptome hervorruft, wie die, an denen der
Kranke leidet.
Kritiker der Homöopathie merken an, dass bis heute kein formaler,
reproduzierbarer Nachweis existiert, noch eine akzeptable naturwissenschaftliche
Begründung für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, die über den Placebo-Effekt
hinausgeht, vorliegt.
Studien zur Wirksamkeit
Homöopathische Behandlung von
Erkrankungen im Kindesalter
Gegenstand
einer systematischen Literaturanalyse war die Anwendung von Homöopathika zur
Behandlung typischer Kinderkrankheiten (1).
In
der Auswertung wurden zusammen 16 Studien mit neun unterschiedlichen
Erkrankungen berücksichtigt. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Homöopathie
beim Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) und beim akuten
Durchfall im Kindesalter waren nicht einheitlich, denn es liegen sowohl
positive als auch negative Studienergebnisse vor. Für die Behandlung von Asthma
und Infektionen der oberen Atemwege wurden in den Studien keine signifikanten
Unterschiede im Vergleich zu Placebo gefunden.
Die Analyse zusammenfassend, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Ergebnisse zur Behandlung unterschiedlichster Beschwerden im Kindesalter nicht überzeugend genug seien, um eine allgemeine Empfehlung zur Anwendung homöopathischer Mittel bei Kindern auszusprechen (1).
Die Analyse zusammenfassend, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Ergebnisse zur Behandlung unterschiedlichster Beschwerden im Kindesalter nicht überzeugend genug seien, um eine allgemeine Empfehlung zur Anwendung homöopathischer Mittel bei Kindern auszusprechen (1).
Neurodermitis / Atopische
Dermatitis
In einer weiteren Untersuchung aus Deutschland wurde bei 135
Kindern die konventionelle medikamentöse Behandlung der Neurodermitis /
Atopischen Dermatitis mit der homöopathischen Anwendung verglichen (5). Nach 12
Monaten Behandlung wurden keine signifikanten Unterschiede bei der Wirksamkeit
oder der Lebensqualität beobachtet. Die Behandlungskosten für die klassische Homöopathie
lagen allerdings nach 12 Monaten etwa doppelt so hoch wie unter der
Standardtherapie (5).
In einer deutschen Studie ohne Vergleichsgruppe wurden
insgesamt 225 Kinder mit einem seit Jahren bestehendem atopischen Ekzem
individuell mit 137 unterschiedlichen Mitteln homöopathisch behandelt (z.B. Calcium carbonicum,
Tuberculinum
und Medorrhinum)
und über zwei Jahre nachbeobachtet (6). Über diesen Zeitraum konnte der
Schweregrad vermindert und die Lebensqualität erheblich verbessert werden. Auch
die Verwendung begleitender Standard-Medikamente und die Inanspruchnahme von
Gesundheitsdienstleistungen waren in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen.
Diese Ergebnisse stellen keinen Wirksamkeitsnachweis dar, deuten aber darauf
hin, dass der Krankheitsverlauf bei Kindern durch die homöopathischen Mittel
günstig beeinflusst werden kann (6).
Diarrhö – Durchfall bei Kindern
Die orale Rehydratation bei akutem Durchfall ist die entscheidende Maßnahme, um gefährlichen Komplikationen des Flüssigkeitsverlustes vorzubeugen. Dieses Vorgehen kann aber nicht die Dauer der Durchfallserkrankung verkürzen. Inwieweit Kinder mit akutem Durchfall von einer homöopathischen Behandlung profitieren, wurden in einer Doppelblindstudie an 81 Kindern im Alter von unter 5 Jahren geprüft (8). Dabei erhielt jedes Kind der Verumgruppe eine individualisierte homöopathische Behandlung täglich für 5 Tage. Eine Standard-Behandlung mit oraler Rehydratation wurde ebenfalls durchgeführt.
Ergebnisse: In der homöopathischen Behandlungsgruppe zeigte sich eine statistisch signifikante Abnahme in der Dauer der Diarrhöe (definiert als Anzahl von Tagen mit weniger als drei ungeformten Stühlen pro Tag, an 2 aufeinanderfolgenden Tagen). Es bestand auch 72 Stunden nach Beginn der Behandlung ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf die Anzahl der Stühle pro Tag.
Nach Einschätzung der Autoren können die Ergebnisse dahingehend interpretiert werden, dass eine homöopathische Behandlung bei der akuten Durchfallserkrankung im Kindesalter eine nützliche Therapieoption darstellt (8).
Um zu prüfen, ob sich die Ergebnisse der
oben aufgeführten Studie zur Verkürzung der Durchfallserkrankung bei Kindern
unter homöopathischer Behandlung bestätigen lassen, wurde eine weitere Studie
durchgeführt (9). Teilnehmer waren 126 Kinder im Alter von 6 Monaten bis 5
Jahren mit akutem Durchfall. Dabei erhielten die Kinder entweder eine
individualisierte homöopathische Behandlung oder Placebo. Die Medikation wurde
jeweils nach jedem ungeformten Stuhl für 5 Tage eingenommen. Die Eltern
notierten täglich die Zahl der Durchfall-Episoden, zusätzlich wurde der
Gesundheitszustand der Kinder überwacht. Ergebnisse: Die mittlere Anzahl der
Stühle pro Tag über den gesamten 5-tägigen Behandlungszeitraum betrug 3,2 für
die Homöopathie-Gruppe und 4,5 in der Placebogruppe (p = 0,023). Eine
Kaplan-Meier-Verlaufsanalyse zur Dauer des Durchfalls zeigte eine um 18,4 %
höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind am 5. Tag unter homöopathischer
Behandlung (P = 0,036) frei von Durchfall war.
Fazit: Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Befunden aus einer vorausgehenden Studie, dass die individualisierte homöopathische Behandlung die Dauer des Durchfalls und Anzahl der Stühle bei Kindern mit akutem Durchfall reduziert (9).
Fazit: Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Befunden aus einer vorausgehenden Studie, dass die individualisierte homöopathische Behandlung die Dauer des Durchfalls und Anzahl der Stühle bei Kindern mit akutem Durchfall reduziert (9).
Otitis
media – Mittelohrentzündung
Eine weitere Untersuchung beschäftigte sich mit der
Wirksamkeit homöopathischer Ohrentropfen zur Behandlung von Ohrenschmerzen bei
Kindern mit akuter Otitis media (10).
In dieser nicht verblindeten Vergleichsuntersuchung
erhielten 119 Kinder entweder eine Standardtherapie der Otitis media oder eine
Standardtherapie plus eine homöopathische Behandlung. Eltern von Kindern in
beiden Behandlungsgruppen bewerten die Schwere der Symptome zweimal täglich für
5 Tage in einem Symptom-Tagebuch.
Die Ergebnisse dokumentieren einen tendenziell niedrigeren
Symptom-Score für die Patienten, die zusätzlich eine homöopathische Behandlung
erhalten hatten. Zu zwei Zeitpunkten waren diese Unterschiede signifikant
zugunsten der homöopathischen Behandlung. Verglichen mit der Standardtherapie
konnte unter der zusätzlichen Gabe der Homöopathika eine schnellere Rückbildung
der Symptome erreicht werden. Die Kinder scheinen insbesondere in der frühen
Phase nach Diagnosestellung von der homöopathischen Behandlung zu profitieren.
Es gab keine auffälligen Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung der
Ohrentropfen. Fazit: Diese Ergebnisse legen nahe, dass die zusätzliche
Behandlung mit homöopathischen Ohrentropfen sich günstig auf die Symptomatik
einer akuten Mittelohrentzündung bei Kindern auswirken kann. Homöopathische Ohrentropfen sind den
Ergebnissen zufolge keine Alternative, sondern eine mögliche Ergänzung der
Standardtherapie einer Otitis media (10).
Migräne im Kindesalter
In einer weiteren nicht-kontrollierten Untersuchung zur Vorbeugung von
Migräne-Attacken bei Kindern konnte eine Abnahme der Migräne-Häufigkeit über
einen Beobachtungszeitraum von 3 Monaten dokumentiert werden (7). Als
homöopathische Mittel wurden Ignatia amara (9C), Lycopodium clavatum, Natrum
muriaticum, Gelsemium und Pulsatilla (15C) eingesetzt (7).
Asthma bronchiale bei Kindern
In einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie wurden die Auswirkungen einer individualisierten homöopathischen Behandlung mit der Placebo-Gabe bei 96 Kindern mit leichtem bis mittelschwerem Asthma als Ergänzung zur konventionellen Behandlung verglichen (11). Wirksamkeits-Parameter waren die Lebensqualität, Lungenfunktionsparameter, die Veränderung der Asthma-Symptome und Fehlzeiten in der Schule aufgrund von Asthmabeschwerden. Ergebnisse: Es gab keine klinisch relevanten und statistisch signifikanten Veränderungen unter der homöopathischen Zusatzbehandlung im Vergleich zur Placebo-Gabe. Bei der Beurteilung des Schweregrades des Asthmas zeigten sich geringe Vorteile zugunsten der Homöopathie-Behandlung, die allerdings ohne klinische Relevanz waren. Fazit: Aus diesen Studienergebnissen ergeben sich keine Hinweise, dass die Zusatzbehandlung mit homöopathischen Mitteln, verabreicht durch einen erfahrenen Homöopathen, günstiger wirkt als Placebo bei der Verbesserung der Lebensqualität von Kindern mit Asthma zusätzlich zur konventionellen Behandlung (11).
Verträglichkeit
Nicht in allen publizierten Studien wurden die Nebenwirkungen erfasst
bzw. ausgewertet. In der großen Mehrzahl der Studien mit dokumentierten
Nebenwirkungen wurde eine gute Verträglichkeit homöopathischer Mittel
beobachtet (2).
Fazit
Allgemeingültige
Aussagen zur Wirksamkeit homöopathischer Mittel lassen sich aus den zahlreichen
Metaanalysen und Übersichtsarbeiten nicht ableiten. Werden die Kriterien der
evidenzbasierten Medizin angelegt, dann konnte nur bei einzelnen Erkrankungen
eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zur Placebo-Behandlung nachgewiesen
werden. Neben der Behandlung der Neurodermitis wurden positive
Studienergebnisse auch bei der Vorbeugung von Migräne-Anfällen und bei der Behandlung von Durchfall bei Kindern berichtet.
Für die Mehrzahl der Anwendungen von homöopathischen Mitteln konnte in
kontrollierten Studien keine bessere Wirksamkeit als unter der Placebogabe
nachgewiesen werden. Sie gelten daher formal als unwirksam.
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Literatur
Mayo Clin Proc. 2007 Jan;82(1):69-75.
2. Bornhöft G, Wolf U, von Ammon K, Righetti M, Maxion-Bergemann S, Baumgartner S, Thurneysen AE, Matthiessen PF. Effectiveness, safety and cost-effectiveness of homeopathy in general practice - summarized health technology assessment.
Forsch Komplementmed. 2006;13 Suppl 2:19-29.
3. Witt CM, Lüdtke R, Baur R, Willich S: Homeopathic medical practice: Long-Term Results of a cohort study with 3981 patients.
BMC Public Health 2005, 5:115 http://www.biomedcentral.com/1471-2458/5/115
4. Witt CM, Lüdtke R, Mengler N, Willich SN. How healthy are chronically ill patients after eight years of homeopathic treatment? – Results from a long term observational study.
BMC Public Health 2008;8:413 http://www.biomedcentral.com/1471-2458/8/413
5. Witt CM, Brinkhaus B, Pach D, Reinhold T, Wruck K, Roll S, Jäckel T, Staab D, Wegscheider K, Willich SN. Homoeopathic versus conventional therapy for atopic eczema in children: medical and economic results.
Dermatology. 2009;219(4):329-40.
6. Witt CM, Lüdtke R, Willich SN. Homeopathic treatment of children with atopic eczema: a prospective observational study with two years follow-up.
Acta Derm Venereol. 2009;89(2):182-3
7. Danno K, Colas A, Masson JL, Bordet MF. Homeopathic Treatment of Migraine in Children: Results of a Prospective, Multicenter, Observational Study.
J Altern Complement Med. 2012 Sep 14.
8. Jacobs J, Jiménez LM, Gloyd SS, Gale JL, Crothers D. Treatment of acute childhood diarrhea with homeopathic medicine: a randomized clinical trial in Nicaragua.
Pediatrics. 1994 May;93(5):719-25
9. Jacobs J, Jiménez LM, Malthouse S, Chapman E, Crothers D, Masuk M, Jonas WB. Homeopathic treatment of acute childhood diarrhea: results from a clinical trial in Nepal.
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11. White A, Slade P, Hunt C, Hart A, Ernst E. Individualised homeopathy as an adjunct in the treatment of childhood asthma: a randomised placebo controlled trial. Thorax. 2003 Apr;58(4):317-21.
11. White A, Slade P, Hunt C, Hart A, Ernst E. Individualised homeopathy as an adjunct in the treatment of childhood asthma: a randomised placebo controlled trial. Thorax. 2003 Apr;58(4):317-21.