Antibiotika bei akuter Mittelohrentzündung bei Kindern

 

Behandlung der akuten Otitis media - Wirkungen und Nebenwirkungen von Antibiotika



  • Sind Antibiotika bei akuter Mittelohrentzündung bei Kindern notwendig?
  • Werden die Schmerzen der Mittelohrentzündung durch Antibiotika vermindert?
  • Wie häufig kommt es zu Nebenwirkungen unter Antibiotika-Gabe bei Kindern mit Otitis media?
  • Unter welchen Bedingungen ist die Behandlung mit Antibiotika bei Mittelohrentzündung sinnvoll?
  • Heilt eine akute Mittelohrentzündung auch ohne Antibiotika folgenlos aus?


Hintergrund:

Die akute Otitis media (Mittelohrentzündung) ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Kleinkindern und Kindern. Die Häufigkeit eines Antibiotika-Einsatzes bei akuter Otitis media variiert zwischen 56 % in den Niederlanden und 95 % in den USA, Kanada und Australien. Eine aktuelle Cochrane-Übersichtsarbeit hat die Studienlage zur Wirksamkeit und Verträglichkeit einer antibiotischen Behandlung bei akuter Otitis media analysiert und bewertet.


Ergebnisse:

In dieser Analyse wurden insgesamt 13 randomisierte kontrollierte Studien mit zusammen 3401 Kindern berücksichtigt. In den zugrundliegenden Untersuchungen wurden am häufigsten Antibiotika mit einer Placebo-Behandlung verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass nach 24 Stunden, ab dem Beginn der Behandlung, sich bereits 60 % der Kinder erholt hatten, gleichgültig, ob sie ein Placebo oder Antibiotika erhalten hatten.

Die mit einer akuten Mittelohrentzündung verbundenen Schmerzen wurden durch die Antibiotika-Gabe in den ersten 24 Stunden nicht deutlicher vermindert als unter Placebo-Gabe. 

Allerdings hatten unter Antibiotika-Einnahme fast ein Drittel weniger Kinder Schmerzen am zweiten und dritten Tag. Knapp ein Viertel weniger hatten Schmerzen am vierten bis siebten Tag und zwei Drittel weniger Kinder hatten Schmerzen am Tag 10 bis 12 im Vergleich zu Placebo. Unter Antibiotika-Anwendung war die Zahl der Kinder mit abnormen Tympanometrie-Befunden nach zwei bis vier Wochen und nach sechs bis acht Wochen geringer (die Tympanometrie ist ein diagnostisches Verfahren zur Untersuchung von Trommelfell und Mittelohr). Auch die Zahl der Kinder mit Trommelfell-Perforationen war unter der Antibiotika-Behandlung niedriger, zudem halbierte sich unter Antibiotika der Anteil der Kinder, bei denen sich eine Otitis media auch im zweiten Ohr (kontralaterale Otitis-Episode) im Vergleich zu Placebo entwickelte. 

Die Antibiotika-Anwendung reduzierte hingegen weder die Zahl der Kinder mit einer abnormen Tympanometrie nach drei Monaten, noch die Zahl der Kinder mit einem späteren Rezidiv einer Otitis media im Vergleich zu Placebo. Schwere Komplikationen waren selten. Die Häufigkeit von Komplikationen war nicht verschieden zwischen den Kindern, die mit Antibiotika oder mit Placebo behandelt wurden.

http://www.amazon.de/Naturheilmittel-Arzneimittel-wissenschaftlicher-Phytopharmaka-Evidenzbasierte/dp/1493706365/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1435694644&sr=8-1&keywords=Detlef+Nachtigall

Unerwünschte Ereignisse (wie Erbrechen, Durchfall oder Hautausschlag) traten häufiger bei Kindern mit Einnahme von Antibiotika auf.

Viele Ärzte verfolgen bei akuter Otitis media eine Strategie des Abwartens (watchful waiting), um bei Befundsänderung oder sich anbahnenden Komplikationen notwenige Maßnahmen, z.B. eine Antibiotika-Gabe, zu ergreifen. 

Diese Strategie wurde in einer weiteren, fünf Studien umfassenden Analyse (1149 Kinder) mit der sofortigen Antibiotika-Gabe verglichen. Ergebnis: Bei den Schmerzen zwischen Tag 3 und 7 und zu einem späteren Zeitpunkt (Tag 11 bis 14) zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsstrategien. Beim Vergleich der Kinder mit abnormalen Tympanometrie-Ergebnissen nach vier Wochen, der Häufigkeit von Trommelfell-Perforationen oder von Rezidiven der Otitis media konnten ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Gruppen beobachtet werden. Auch bei diesem Vergleich war die sofortige Antibiotika-Gabe mit einem erhöhten Risiko von Erbrechen, Durchfall oder Hautausschlag verbunden im Vergleich zu den Kindern, die nach der Strategie des Zuwartens behandelt wurden.

Eine weitergehende Analyse erbrachte den Hinweis, dass eine sofortige Antibiotika-Gabe am vorteilhaftesten zu sein scheint bei Kindern im Alter von unter zwei Jahren mit einer beidseitigen akuten Otitis media oder bei Kindern mit gleichzeitigen Auftreten von Otorrhö (Ohrausfluss) und akuter Otitis media.


Fazit:

Diese Bewertung zur Wirksamkeit von Antibiotika bei akuter Otitis media kommt zu dem Ergebnis, dass Antibiotika keine Wirkung auf die akuten Schmerzen zu Erkrankungsbeginn haben, eine geringfügig positive Wirkung auf die Schmerzen an den Folgetagen und nur einen mäßig positiven Effekt auf die Häufigkeit von Trommelfell-Perforationen, kontralateralen Otitis-Episoden und abnormen Tympanometrie-Befunden im Vergleich zu Placebo. Die meisten Fälle einer akuten Otitis media zeigen eine Spontanremission ohne Komplikationen, d.h. dass die Entzündung im Mittelohr in der Mehrzahl der Fälle auch bei ausbleibender Behandlung ohne Folgen für das Kind ausheilt. Der Nutzen von Antibiotika muss gegen die möglichen Risiken der Behandlung abgewogen werden.

Zur Abschätzung des Risikos: Werden 14 Kinder mit Antibiotika wegen akuter Mittelohrentzündung behandelt, so kommt es bei einem Kind zu unerwünschten Ereignissen (wie Erbrechen, Durchfall oder Hautausschlag), die nicht eingetreten wären, wenn kein Antibiotika zur Anwendung gekommen wäre. 

Zusammenfassend scheint es sinnvoll, dass bei der Behandlung der akuten Otitis media eine adäquate Schmerzlinderung im Vordergrund steht. Es sollte zudem berücksichtigt werden, dass Antibiotika nur eine begrenzte Rolle bei der Behandlung der akuten Otitis media zukommen. Antibiotika sind den Daten zufolge sehr nützlich bei Kindern unter zwei Jahren mit einer beidseitigen akuten Otitis media oder bei beidseitiger Otitis media in Verbindung mit einer Otorrhö (Ohrausfluss). Für die meisten anderen Kinder mit leichter Erkrankung scheint eine abwartende, beobachtende Behandlungsstrategie (watchful waiting) gerechtfertigt.


http://www.amazon.de/Mineralstoffe-Spurenelemente-unterstuetzenden-Behandlung-Erkrankungen/dp/1512235180/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1434921181&sr=8-4&keywords=Detlef+Nachtigall

Quellennachweis / Literatur

Venekamp RP, Sanders SL, Glasziou PP, Del Mar CB, Rovers MM. Antibiotics for acute otitis media in children. Cochrane Database Syst Rev. 2015.

 

Das könnte Sie interessieren: 

Chinin zur Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen

Gesättigte Fette – Hat die Verringerung der Aufnahme von gesättigten Fettsäuren positive Auswirkung auf die Gesundheit?

Angst in Zusammenhang mit einer Operation – Vermindert Melatonin wirksam das Auftreten von Angst?

Aluminium – Ein Spurenelement mit negativem Einfluss auf die Gesundheit

Calcium - Wirkungen und Nebenwirkungen einer regelmäßigen Calciumeinnahme

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Rubidium

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Silizium

Nickel – Ein Spurenelement mit möglichen negativen Einfluss auf die Gesundheit

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Vanadium

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Eisen

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Bor

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Fluorid

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Molybdän

Spurenelementen für die Gesundheit - Stellenwert von Chrom

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Mangan

Spurenelemente für die Gesundheit – Stellenwert von Kupfer

Spurenelemente für die Gesundheit - Stellenwert von Selen

Jodversorgung in Deutschland – der Jodmangel und seine Folgen