Hangover: Naturheilmittel zur Behandlung eines Alkohol-Katers – welche Wirkungen sind belegt?


Alkohol-Hangover – Ist die Vorbeugung eines Alkohol-Katers infolge eines exzessiven Alkoholkonsums möglich?



Fragen, die in diesem Beitrag beantwortet werden:

  • Lassen sich die typischen Beschwerden eines Alkohol-Katers verhindern?
  • Welche Naturheilmittel eigenen sich zur Prophylaxe eines Alkohol-Katers?
  • Welche Inhaltsstoffe alkoholischer Getränke verursachen einen Hangover?
  • Wie häufig ist ein Alkohol-Kater?
  • Haben Rauchen oder Koffein Auswirkungen auf den Schweregrad eines Alkohol-Katers?


Hintergrund

Einen Alkohol-Kater erleben mehr als 75 Prozent der Alkoholkonsumenten mindestens einmal in ihrem Leben. Entgegen der allgemeinen Einschätzung, erleben Personen, die gering bis mäßig viel Alkohol trinken einen Kater häufiger als schwere Trinker. Über 23 Prozent der Alkoholkonsumenten scheinen resistent gegen einen Kater zu sein.

Alkohol-Kater (medizinisch Veisalgia) wird als ein unangenehmer Zustand am nächsten Tag nach einem Abend mit übermäßigem Alkoholkonsum definiert. Der Alkohol-Hangover beginnt in der Regel erst, wenn der Alkohol im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Der Alkohol-Kater ist durch körperliche und psychische Symptome gekennzeichnet. Während des Katers sind kognitive Funktionen und die subjektive Belastbarkeit stark eingeschränkt. Betroffene beschreiben sich selbst als ineffizient und wenig produktiv. Objektiv zeigen sich erhöhte Fehlzeiten im Job, eine Beeinträchtigung der Fahrleistung, schlechte akademische Leistungen und eine verschlechterte motorische Koordination.
Zahlen aus Großbritannien dokumentieren im Durchschnitt 2,3 Krankheitstage pro Person pro Jahr aufgrund eines Alkohol-Hangovers, hinzu kommen weitere 2,5 Tage, an denen die Betroffenen trotz der Symptome arbeiten, aber entsprechend weniger leistungsfähig sind (13).


Alkohol-Hangover – Häufigkeit und Symptome

Werden Studenten befragt (n= 1410), wie häufig typische Alkohol-Hangover-Symptome auftreten, so berichten über die Hälfte der Teilnehmer (56,1 Prozent) über einen Kater im letzten Monat (6). Zu den häufigsten und schwersten Kater-Symptomen zählen Müdigkeit (95,5 %) und Durst (89,1 Prozent). Das prominente Beschwerdebild "Schläfrigkeit" umfasste Symptome wie Benommenheit, Müdigkeit, Schläfrigkeit und Schwäche. Die zweite große Gruppe von Beschwerden betrifft "kognitive Probleme" und beinhaltet Symptome wie verminderte Aufmerksamkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme. Ebenfalls häufig wird über einen gestörten Wasserhaushalt geklagt, der zusammen mit den Symptomen trockener Mund und Durst genannt wird.
Fazit: Benommenheit und Beeinträchtigung von kognitiven Funktionen sind die beiden zentralen Beschwerdebilder beim Alkohol-Kater (6).

Die allgemeine Leistung am Morgen nach einer „Alkoholbelastung“ kann auf dem gleichen schlechten Niveau bleiben, oder noch schlechter werden, als die Leistung zum Zeitpunkt der höchsten Alkoholkonzentration am Abend. Die Leistungseinschränkung, die der akute übermäßige Alkoholkonsum verursacht, hält über viele Stunden an, auch nachdem der Alkohol in der Atemluft schon nicht mehr nachweisbar ist.
Mehrere Untersuchungen belegen, dass die Fähigkeit ein Kraftfahrzeug zu lenken in der Phase eines Hangovers signifikant verschlechtert ist. Dabei zeigte sich auch, dass die Schlafdauer nach dem Alkoholkonsum einen relevanten Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit ausübt (11).


Wann entsteht ein Alkohol-Hangover?

Damit ein Hangover entsteht, ist in der Regel eine maximale Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,10 Prozent erforderlich, das entspricht 5 oder 6 alkoholische Getränken für einen 80-kg-Mann und 3 bis 5 Getränke für eine 60-kg-Frau (zum Vergleich: Der gesetzliche Grenzwert für das Führen von Kraftfahrzeugen liegt bei 0,08 Prozent). Größere Mengen Alkohol verursachen mehr schwere Symptome; jedoch ist der Kater nicht ausschließlich dosisabhängig.
Beim Abbau von Alkohol (Ethanol) entstehen schädliche Stoffwechselprodukte, die zu Leberschäden beitragen und einen Alkohol-Kater verursachen können. Das Acetaldehyd ist eines der Stoffwechselprodukte, das in Verbindung mit reaktiven Sauerstoffspezies für die Entstehung von Kater-Symptomen verantwortlich gemacht wird.

Alkoholische Getränke enthalten zudem von Natur aus Verbindungen, die als Kongenere (Congeners) bezeichnet werden und wahrscheinlich wesentlich an der Entstehung von Kater-Symptomen beteiligt sind. Diese erwünschten und unerwünschten Bestandteile entstehen während der Fermentation. Dunkle Alkoholika wie Schnaps, Whiskey und Rotwein enthalten viele Kongenere, die wiederum den stärkeren Geschmack erklären, aber auch mit höherer Wahrscheinlichkeit am nächsten Tag zu einem Kater führen. Auf der anderen Seite enthalten klare Flüssigkeiten wie Wodka geringe Mengen an Kongeneren. Reiner Ethanol enthält keine Kongenere und kann aber trotzdem einen Kater verursachen. Die folgenden Getränke verursachen demzufolge in absteigender Folge schwere Kater-Symptome: Brandy, Rotwein, Rum, Whisky, Weißwein, Gin, Wodka und Bier.
Menschen, die relativ viel Alkohol vertragen, sind auch, bezogen auf eine Volumeneinheit Alkohol, weniger empfindlich ein Hangover zu entwickeln. Da diese Personen aber in der Regel mehr trinken, sind sie insgesamt sogar häufiger von einem Hangover betroffen (7).

Die Wahrscheinlichkeit ein Hangover zu entwickeln, sinkt mit zunehmendem Lebensalter. Eine kürzlich erschienene Arbeit bestätigt, dass ein Alkohol-Hangover nach einem Rauschtrinken bei jungen Erwachsenen deutlich häufiger auftritt als bei älteren Personen (9).
Dass Rauchen, die Symptome eines Alkohol-Hangovers negativ beeinflusst, konnte in einer Studie an 113 Studenten in den USA nachgewiesen werden (2). Ein starkes Rauchen an Tagen mit übermäßigen Alkoholkonsum erhöht demnach die Empfindlichkeit und den Schweregrad für ein Alkohol-Hangover (2).

Bisher gibt es weder in den USA noch in Deutschland ein Arzneimittel, dass zur Behandlung eines Alkohol-Katers zugelassen ist.



Studien zur Vorbeugung eines Alkohol-Hangovers

 

Koreanischer Birnensaft

Nur wenige Natursubstanzen wurden bisher zur Verbeugung eines Alkohol-Hangovers in kontrollierten klinischen Studien untersucht. In einer Cross-over-Studie erhielten 14 junge Erwachsene koreanischen Birnensaft (Pyruspyrifolia cv. Shingo) oder Placebo 30 Minuten vor dem Alkoholkonsum verabreicht. Nach 15 Stunden, zum Zeitpunkt maximaler Beschwerden, war der Schweregrad des Alkohol-Hangovers unter koreanischen Birnensaft um 16 bis 21 Prozent im Vergleich zur Placebo-Einnahme reduziert. Besonders die beeinträchtigte Konzentrationsfähigkeit besserte sich unter der Anwendung von koreanischen Birnensaft (4).


Feigenkaktus

Feigenkaktus (Opuntia ficus indica) ist eines der wenigen Naturheilmittel, die sich einer klinischen Prüfung zur Wirksamkeit bei Alkohol-Kater unterzogen haben (12). In einer vom Hersteller gesponserten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten, Cross-over-Studie erhielten 64 gesunde junge Erwachsene entweder Feigenkaktus-Extrakt 1.600 I.E. (Tex-OE®) oder Placebo 5 Stunden vor der Aufnahme von bis zu 1,75 g Alkohol pro kg Körpergewicht.
Feigenkaktus-Extrakt reduzierte den Ergebnissen zufolge das Risiko für einen schweren Kater um 50 Prozent. In der Gruppe, die den Feigenkaktus-Extrakt erhielt, waren Symptome wie Übelkeit, Appetitlosigkeit und trockener Mund weniger häufig, hingegen waren die Symptome Kopfschmerzen, Schwäche, Durchfall und Schwindel ähnlich stark ausgeprägt wie in der Placebo-Gruppe. In einer Subgruppenanalyse zeigte sich, dass bei denjenigen, die alkoholische Getränke mit einem hohen Gehalt an Kongeneren (Congeners) getrunken hatten, der Extrakt wirksamer war als bei denen, die alkoholische Getränke mit geringem Kongeneren-Inhalt konsumiert hatten (12).


Kombinationspräparate

Bisher wurden zahlreiche Vitamin-, Mineralstoff- und Vitalstoffkombinationen zur vorbeugenden Behandlung eines Alkohol-Katers untersucht. Die Mehrzahl dieser Studien war nicht Placebo-kontrolliert und nicht-verblindet, sodass deren Aussagekraft eher gering ist. Beispielsweise wurde eine Wirkstoffkombination (After-Effect®) aus Borretschsamenöl (Gamma-Linolensäure), Fischöl (Omega-3), Vitamin B1, B6 und Vitamin-C, Magnesium, Silymarin und Feigenkaktus-Extrakt (Opuntia ficus indica) an 103 Personen untersucht. Die Einnahme erfolgte vor und direkt nach dem Alkoholkonsum. Im Ergebnis zeigte sich unter dieser Wirkstoffkombination ein deutlich verminderter Kater-Schweregrad und eine Abnahme individueller Kater Symptome, mit Ausnahme von Herzklopfen. Darüber hinaus wurde eine signifikante Verringerung des Schweregrades von Konzentrations-Problemen berichtet (10).


Kaffee, Koffein

Eine Forschergruppe ist der Frage nachgegangen, ob ein Alkoholkonsum zusammen mit Koffein die Symptome eines Alkohol-Hangovers am nächsten Tag günstig beeinflussen kann. Als Ergebnis zeigte sich, dass die Koffein-Einnahme weder die Häufigkeit noch den Schweregrad eines Alkohol-Hangovers veränderte (8).


Getrocknete Ginseng-Beeren

In einer Studie an Mäusen wurde untersucht, ob Pflanzenauszüge aus getrockneten Ginseng-Beeren den Alkohol-Stoffwechsel günstig beeinflussen und durch ihre antioxidative Wirkung freie Radikale abfangen (1). Die Ergebnisse zeigten, dass der Ginseng-Beeren-Extrakt den Alkoholabbau unterstützt und die Bildung von Acetaldehyd deutlich vermindert. Als einen der wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe wurde Linolsäure identifiziert. Basierend auf diesen Ergebnissen schlussfolgern die Autoren, dass Ginseng-Beeren-Extrakt sich möglicherweise als ein Anti-Hangover-Mittel eignen könnte (1).


Roter-Ginseng

Für Roten Ginseng konnten bereits in Tierversuchen positive Effekte auf den Alkoholabbau nachgewiesen werden (4). In einer kürzlich veröffentlichten Cross-over-Studie an 25 gesunden Männern wurde geprüft, ob die Aufnahme von 100 ml eines Getränkes aus Rotem Ginseng zu einer Linderung von Symptomen eines Alkohol-Katers führt. Die Männer tranken zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils 100 ml Whisky (40 % Alkohol) und entweder 100 ml Wasser oder 100 ml Anti-Kater-Drink (enthält 0,321 mg Roten Ginseng pro ml). Ergebnisse: Die Plasma-Alkoholkonzentrationen in der Ginseng-Gruppe waren nach 30 min, 45 min und 60 min signifikant niedriger als in der Placebo-Gruppe. Auch die exspiratorische Alkoholkonzentration war unter Rotem Ginseng nach 30 Minuten und 60 min deutlich geringer. Obwohl die Plasma Acetaldehyd-Konzentration leicht anstieg, zeigte das Ginseng-Getränk positive Auswirkungen auf die Kater-Symptome. Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse dieser Untersuchung dafür, dass die vorbeugende Einnahme von Rotem Ginseng die Schwere der Hangover-Symptome vermindert, möglicherweise über eine Verringerung des Plasma-Alkoholspiegels (4).


Melatonin

Eine Untersuchung zur Wirkung von Melatonin auf die motorischen Fähigkeiten bei Mäusen liefert weitere Belege, dass eine antioxidative Behandlung sich positiv auf Hangover-Symptome auswirken könnte (3). Die vorbeugende Einnahme von Melatonin (7 Tage) führte bei Mäusen mit motorischen Störungen als Hangover-Äquivalent nach Alkoholzufuhr zu einer deutlichen Besserung der koordinativen Fähigkeiten. Neben antioxidativen Einflüssen wurde insbesondere der Stickstoffmonoxid (NO) Stoffwechsel verbessert (erhöhte NO-Bildung).

Bisher gibt es keinen Wirksamkeitsbeleg für Substanzen, deren Einnahme die Symptome eines Alkohol-Katers beseitigt, nachdem dieser einmal aufgetreten ist. Hilfreich kann allerdings die Vermeidung von alkoholischen Getränken mit hoher Kongeneren-Gehalt sein.


Fazit

Zu den Naturheilmitteln, die zur Vorbeugung eines Alkohol-Hangovers angewendet werden, zählen koreanischer Birnensaft, Feigenkaktus-Extrakte, getrocknete Ginseng-Beeren und Roter-Ginseng. Die Studienlage zur vorbeugenden Behandlung eines Alkohol-Katers ist nicht überzeugend. Es fehlen überzeugende Daten aus kontrollierten klinischen Studien zum Wirksamkeitsnachweis und zur Verträglichkeit. Während getrocknete Ginseng-Beeren bisher nur im Tiermodell untersucht wurden, liefern erste klinische Untersuchungen zu koreanischem Birnensaft, Feigenkaktus-Extrakt und Rotem Ginseng Hinweise auf eine positive Wirkung auf die Symptome eines Alkohol-Hangovers. Insgesamt sind die dokumentierten Wirkungen der Naturheilmittel nur mäßig stark ausgeprägt, eine komplette Beschwerdefreiheit kann auch bei konsequenter vorbeugender Einnahme nicht erwartet werden.



Literatur


1. Ik Lee D, Tae Kim S, Hoon Lee D, Min Yu J, Kil Jang S, Soo Joo S. Ginsenoside-free molecules from steam-dried ginseng berry promote ethanol metabolism: an alternative choice for an alcohol hangover. J Food Sci. 2014 Jul;79(7):C1323-30.
2. Jackson KM, Rohsenow DJ, Piasecki TM, Howland J, Richardson AE. Role of tobacco smoking in hangover symptoms among university students. J Stud Alcohol Drugs. 2013 Jan;74(1):41-9.
3. Karadayian AG, Bustamante J, Czerniczyniec A, Cutrera RA, Lores-Arnaiz S. Effect of melatonin on motor performance and brain cortex mitochondrial function during ethanol hangover. Neuroscience. 2014 Jun 6;269:281-9.
4. Lee HS, Isse T, Kawamoto T, Baik HW, Park JY, Yang M. Effect of Korean pear (Pyruspyrifolia cv. Shingo) juice on hangover severity following alcohol consumption. Food Chem Toxicol. 2013 Aug;58:101-6.
5. Lee MH, Kwak JH, Jeon G, Lee JW, Seo JH, Lee HS, Lee JH. Red ginseng relieves the effects of alcohol consumption and hangover symptoms in healthy men: a randomized crossover study. Food Funct. 2014 Mar;5(3):528-34.
6. Penning R, McKinney A, Verster JC. Alcohol hangover symptoms and their contribution to the overall hangover severity. Alcohol Alcohol. 2012 May-Jun;47(3):248-52.
7. Piasecki TM, Alley KJ, Slutske WS, Wood PK, Sher KJ, Shiffman S, Heath AC. Low sensitivity to alcohol: relations with hangover occurrence and susceptibility in an ecological momentary assessment investigation. J Stud Alcohol Drugs. 2012 Nov;73(6):925-32.
8. Rohsenow DJ, Howland J, Alvarez L, Nelson K, Langlois B, Verster JC, Sherrard H, Arnedt JT. Effects of caffeinated vs. non-caffeinated alcoholic beverage on next-day hangover incidence and severity, perceived sleep quality, and alertness. Addict Behav. 2014 Jan;39(1):329-32.
9. Tolstrup JS, Stephens R, Grønbaek M. Does the severity of hangovers decline with age? Survey of the incidence of hangover in different age groups. Alcohol Clin Exp Res. 2014 Feb;38(2):466-70.
10. Verster JC, Berthélemy O. Consumer satisfaction and efficacy of the hangover cure after-effect(©). Adv Prev Med. 2012;2012:617942.
11. Verster JC, Bervoets AC, de Klerk S, Vreman RA, Olivier B, Roth T, Brookhuis KA. Effects of alcohol hangover on simulated highway driving performance. Psychopharmacology (Berl). 2014 Aug;231(15):2999-3008.
12. Wiese J, McPherson S, Odden MC, Shlipak MG. Effect of Opuntia ficus indica on symptoms of the alcohol hangover. Arch Intern Med. 2004;164:1334-1340.
13. Wiese JG, Shlipak MG, Browner WS. The alcohol hangover. Ann Intern Med. 2000;132:897-902.

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