Naturheilmittel beim Diabetes – Wirksam oder unwirksam?


 

Pflanzliche Arzneimittel mit positivem Einfluss auf den Diabetes mellitus




Ginseng 
 
Obwohl sich die asiatische Medizin schon seit tausenden von Jahren mit Ginseng beschäftigt, hat die Verwendung von Ginseng als pflanzliches Arzneimittel erst in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Ginseng gehört zur Gattung Panax, die aufgrund ihrer geographischen Herkunft in nordamerikanischen Ginseng (Panax quinquefolius) und asiatischen Ginseng (Panax Ginseng) unterteilt wird.



Ginseng wurde in Studien bei Diabetes-Patienten mit zwei unterschiedlichen Zielen geprüft: Zum einen wurde untersucht, ob sich Blutzucker- und Insulin-Spiegel unter einer begleitenden Behandlung mit Ginseng günstig beeinflussen lassen und zum anderen wurde geprüft, ob sich langfristige Folgeschäden der Zuckerkrankheit an den Augen, am Herzen und an den Nieren durch eine Ginseng-Gabe verhindern lassen.

Mehreren Übersichtsarbeiten zufolge sind die Belege für die Wirksamkeit von Ginseng für eine verbesserte Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit einem Typ-2-Diabetes uneinheitlich (15, 16, 25). Während tierexperimentelle Studien konsistent einen blutzuckersenkenden Effekt belegen, konnte in einer Placebo-kontrollierten Untersuchung beim Menschen kein signifikanter Effekt von Ginseng auf den Nüchtern-Blutzuckerspiegel nachgewiesen werden.



Möglicherweise kann die Einnahme von Ginseng Folgeerkrankungen des Diabetes vorbeugen.  Erste Untersuchungen geben einen Hinweis, dass die durch den Diabetes induzierten Schäden an den Augen (Retinopathie) und am Herzen (Kardiomyopathie) durch Ginseng vermindert werden könnten (27). Als mögliche Wirkmechanismen werden die Hemmung von oxidativem Stress und eine blutzuckersenkende Wirkung durch Ginseng diskutiert. Die gleiche Arbeitsgruppe veröffentlichte weitere Daten, wonach Ginseng möglicherweise auch die durch den Diabetes ausgelösten Spätschäden an der Niere (z.B. Albuminurie) verhindern könnte (26). Die Autoren schlussfolgerten, dass nordamerikanischer Ginseng eine vorbeugende Wirkung auf die diabetische Nephropathie haben könnte.




Coenzym Q10 


Coenzym Q10 ist eine körpereigene Substanz, die zudem über die Nahrung aufgenommen wird. Als Bestandteil der Atmungskette ist Coenzym Q10 essenziell z.B. für die Energiebereitstellung in den Mitochondrien (den „Kraftwerken“ der Zelle). Hohe Q10-Konzentrationen finden sich in Organen wie Herz, Leber oder Lunge. 

Für Coenzym Q10 sind in der Literatur eine Reihe von positiven Einflüssen auf den Diabetes beschrieben:

  • Coenzym Q10 verbessert, ergänzend zur medikamentösen antidiabetischen Therapie gegeben, die Blutzuckerkontrolle, u.a. über eine Erhöhung der Insulin-Sekretion (20). 
  • Q10 reduziert bei Typ-1-Diabetikern die HBA1c-Konzentration und vermindert eine Hyperglykämie. Es reduziert eine Lipidperoxidation und hat positive Wirkungen auf das antioxidative System (10). 

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Passionsblumen-Extrakt


Extrakte aus Passionsblumen (Passiflora incarnata) wurden über Jahrhunderte zur Behandlung von Angststörungen eingesetzt. Als pflanzliches Arzneimittel ist Passiflora incarnata in Deutschland zur Therapie von nervösen Unruhezuständen zugelassen.



Erste tierexperimentelle Untersuchungen weisen darüber hinaus auf eine mögliche Wirksamkeit von Passionsblumen-Extrakt  (Passiflora incarnata) beim Diabetes mellitus hin (12). In diesen Untersuchungen wurden eine blutzuckersenkende Wirkung, eine verbesserte Glukosetoleranz und ein positiver Einfluss auf das Lipidprofil unter Passionsblumen-Extrakten beschrieben.




Alpha-Liponsäure 


Alpha-Liponsäure ist eine körpereigene, vitaminähnliche Substanz. Die Liponsäure ist ein Naturstoff, die als Coenzym wichtige Aufgaben in den Mitochondrien fast aller Eukaryoten wahrnimmt. Alpha-Liponsäure neutralisiert freie Radikale und gilt als ein sehr wirkungsvolles Antioxidans.

Alpha-Liponsäure hat keinen Einfluss auf den gestörten Glukosestoffwechsel beim Diabetes, kann aber Spätfolgen des Diabetes, wie z.B. eine Polyneuropathie, vermindern.

Unter einer diabetischen Neuropathie versteht man eine Erkrankung, die im Rahmen des Diabetes mellitus auftritt. Aufgrund erhöhter Blutzuckerspiegel kann langfristig das periphere Nervensystem geschädigt werden. Die Patienten berichten über eine fehlende sensorische Wahrnehmung oder über Gefühlsstörungen wie Brennen, Kribbeln und Ameisenlaufen.



Die Behandlung mit Alpha-Liponsäure in einer Dosierung von 600 mg i.v., täglich für 3 Wochen, stellt eine gut verträgliche und wirksame Therapie der peripheren sensomotorischen Polyneuropathie bei Diabetes-Patienten dar (19). Auch die orale Gabe von 600 mg Alpha-Liponsäure täglich für Wochen bis Monate verabreicht, kann sich positiv auf die Symptome einer peripheren Neuropathie auswirken. Der langfristige Verlauf der Polyneuropathie lässt sich allerdings durch eine Alpha-Liponsäure-Therapie wahrscheinlich nicht wesentlich beeinflussen (33).




Spurenelement Chrom 


Chrom ist ein essenzielles Spurenelement mit einer Vielzahl von Wirkungen im menschlichen Körper. Besonders für den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel hat Chrom eine hohe Bedeutung. Es gilt als belegt, dass ein Mangel an Chrom zu einer Insulin-Resistenz und einem Diabetes führen kann (23). Ein ernährungsbedingter Chrommangel gilt in Deutschland jedoch als sehr unwahrscheinlich.



Eine im Jahr 2010 erschienene Übersichtsarbeit kommt zu dem Ergebnis, dass eine Chrom-Supplementation zur Verbesserung des Glukosestoffwechsels bei Patienten mit einem nachgewiesenen Chrommangel gerechtfertigt sei (31). Die Studienlage zur Wirksamkeit von Chrom beim Diabetes ist nicht einheitlich. Es gibt neben positiven Studienergebnissen auch Studien, die keine Wirkung einer Chromgabe beim Diabetes zeigen. Es liegen Hinweise vor, dass möglicherweise Patienten mit einem Typ-2-Diabetes und deutlich erhöhten Nüchtern-Blutzucker- und HbA1c-Spiegeln von einer Chrom-Supplementation profitieren könnten.




Zimt 


Zimt weist einen blutzuckersenkenden Effekt bei Patienten mit einem Typ-II-Diabetes auf (7, 29). Die Abnahme der Nüchtern-Blutzuckerspiegel unter Zimt ist allerdings im Vergleich zur medikamentösen Therapie mit Metformin eher gering ausgeprägt. Folglich ist Zimt zur alleinigen Therapie eines Diabetes mellitus Typ 2 ungeeignet. Bei Diabetes-Patienten, deren Stoffwechseleinstellung trotz adäquater Therapie nicht zufriedenstellend ist, kann eine Zimt-Gabe zu einer weiteren Senkung der Blutzuckerspiegel beitragen.




Vitamin D


Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass ein Vitamin-D-Mangel einen wichtigen Einfluss auf die Pathogenese des Diabetes mellitus Typ 2 hat. Ein Vitamin-D-Mangel (25-OH-D: ≤ 20 ng/ml) beschleunigt die Progression eines Prädiabetes zum manifesten Typ-2-Diabetes (8). Von einer Vitamin-D-Supplementierung profitieren insbesondere Diabetes-Patienten mit einem ausgeprägten Vitamin-D-Mangel. Der anzustrebende Vitamin-D-Spiegel sollte bei 75 – 150 nmol/l liegen. Epidemiologische Untersuchungen zeigen einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Vitamin-D-Serumspiegel und der Insulinsensitivität bei Diabetes-Patienten (1). Zur Frage, ob eine Vitamin-D-Gabe sich positiv auf die Insulinsensitivität auswirkt, liegen erste Studienergebnisse vor. In einer Untersuchung an Frauen mit einer Insulinresistenz und einem gleichzeitigen Vitamin-D-Mangel konnte unter der täglichen Einnahme von 4.000 IE. Vitamin D eine signifikante Verbesserung der Insulinresistenz dokumentiert werden (30). In einer Placebo-kontrollierten Studie besserte sich die Insulinresistenz nach Korrektur einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung bei Patienten mit Adipositas (5). In Deutschland ist insbesondere in den Wintermonaten ein Vitamin-D-Mangel möglich. Eine Vitamin-D-Gabe bei Patienten mit einem erhöhten Diabetes-Risiko oder einem manifesten Diabetes mellitus scheint auf Basis dieser Daten sinnvoll.


Gelée Royale
 

Gelée Royale wird auch als Bienenköniginnen-Futtersaft bezeichnet. Gelée Royale werden gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Die Ergebnisse einer ersten Untersuchung zur Wirkung von Gelée Royale auf den Glukosestoffwechsel lassen es möglich erscheinen, dass Patienten mit einem Diabetes oder Prä-Diabetes von der Gelee-Royale-Anwendung profitieren könnten (22).  In einer Studie einer deutschen Arbeitsgruppe wurde die Wirkung einer Einmal-Gabe von 20 g Gelée Royale auf den Glukosestoffwechsel von 20 gesunden Erwachsenen untersucht. Als Ergebnis konnte ein signifikant verringerter Anstieg der Blutglukose nach einem Glukosetoleranztest (OGTT) dokumentiert werden.  http://www.amazon.de/Ratgeber-Naturheilmittel-Welche-Wirkungen-belegt-ebook/dp/B00GF7TVD4/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1384675506&sr=8-2&keywords=Naturheilmittel+Wirksamkeit




L-Carnitin 


Carnitin, (L-Carnitin), ist eine natürlich vorkommende, körpereigene Verbindung, die aus den Aminosäuren Lysin und Methionin gebildet wird. Carnitin spielt eine wichtige Rolle im Energie- und Fettsäurestoffwechsel.



Zahlreiche Untersuchungen bei Patienten mit einem Diabetes mellitus geben einen Hinweis, dass die zusätzliche tägliche Gabe von L-Carnitin sich insbesondere günstig auf Parameter des Fettstoffwechsels auswirkt (17). Zudem konnte wiederholt dokumentiert werden, dass die tägliche orale Supplementation von L-Carnitin die Insulin-Sensitivität verbessert. Unter der kombinierten Einnahme von Orlistat, einem Wirkstoff zur Behandlung von Übergewicht, mit Carnitin konnten positive Effekte auf das Gesamt-Cholesterin, die Triglycerid-Konzentration und auf den Nüchtern-Blutzuckerspiegel nachgewiesen werden (9). Auch die Gewichtsabnahme war unter der kombinierten Anwendung stärker ausgeprägt als unter der Monotherapie mit Orlistat.



Curcumin 


Kurkuma ist ein Gelbwurzelextrakt und als wesentlicher Bestandteil von Curry-Mischungen bekannt. Curcumin ist der farbgebende Bestandteil der Kurkuma-Pflanze.

Erste klinische Daten deuten darauf hin, dass Curcumin möglicherweise die Entwicklung eines Diabetes mellitus bzw. das Fortschreiten eines Prä-Diabetes verhindern kann (6). 

In einer Placebo-kontrollierten Studie an 240 Patienten wurde geprüft, ob es unter der täglichen Einnahme von Curcumin (1,5 g Curcuminoide) seltener zum Auftreten eines manifesten Diabetes mellitus kommt als unter der Placebo-Gabe. Nach einer Behandlungsdauer von 9 Monaten mit Curcumin konnte bei Patienten mit einer gestörten Glukosetoleranz ein signifikant geringeres Fortschreiten zu einem manifesten Diabetes beobachtet werden. Während 19 Patienten aus der 116 Patienten umfassenden Placebo-Gruppe einen manifesten Diabetes entwickelten, erkrankte kein Patient in der Curcumin-Gruppe (119 Patienten) an einem manifesten Diabetes. 

Vorangehende Untersuchungen hatten gezeigt, dass Curcumin die Beta-Zellfunktion verbessert, möglicherweise durch einen spezifisch entzündungshemmenden Effekt (6). Eine kürzlich veröffentlichte Übersichtsarbeit bestätigte diese entzündungshemmende Wirkung (18). Curcumin kann die durch eine Adipositas induzierte Insulin-Resistenz verzögern bzw. ihr vorbeugen. Auch treten den Daten zufolge die mit der Insulinresistenz einhergehenden Komplikationen wie die Atherosklerose und Lebererkrankungen seltener auf. Weitere Untersuchungen belegen, dass Curcumin auch eine bestehende Insulin-Resistenz bei adipösen Patienten mit Typ-II-Diabetes bessern kann (28).




Flohsamen (Psyllium) 


Flohsamenschalen finden Anwendung zur Behandlung der chronischen Obstipation (Verstopfung). In Untersuchungen bei Patienten mit Diabetes mellitus wurden unter der regelmäßigen Einnahme von Flohsamen (Psyllium) eine Abnahme der mittleren Glukosespiegel im Tagesverlauf, aber auch direkt nach Nahrungsaufnahme beobachtet. Weiterhin wurden niedrigere Insulin- und HbA1C-Spiegel dokumentiert (2, 3, 13). 




Ginkgo biloba 

 


Der Ginkgo oder Ginko (Ginkgo biloba) ist eine aus China stammende, heute weltweit angepflanzte Baumart. Verwendung finden Spezialextrakte aus den Ginkgoblättern. Ginkgo ist eine der am häufigsten verwendeten Heilpflanzen in Europa. Ginkgo biloba wird für eine Vielzahl unterschiedlicher Indikationen angewendet: Ginkgo biloba wird insbesondere bei Gedächtnisschwäche und zur Behandlung einer beginnenden Demenz eingesetzt.



Auch zur Fragestellung, ob die regelmäßige Einnahme von Ginkgo biloba sich günstig auf die Entwicklung einer Nierenschädigung infolge eines Diabetes mellitus auswirkt, wurde kürzlich eine Übersichtsarbeit veröffentlicht (32). In dieser Analyse wurden die Ergebnisse von insgesamt 16 Studien berücksichtigt. Auch wenn die zugrunde liegenden Studien von geringer methodischer Qualität waren, schließen die Autoren auf eine mögliche Wirksamkeit von Ginkgo, um das Fortschreiten der diabetischen Nierenschäden zu bremsen. Den Daten zufolge vermindert die Ginkgo-Behandlung die Albumin-Ausscheidung über die Niere, senkt die Nüchtern-Blutzuckerspiegel sowie die Kreatinin- und Harnstoffspiegel im Blut (32).




Lycopin


Lycopin ist verantwortlich für die rote Farbe von vielen Früchten und Gemüsen, wie z.B. Tomaten. Lycopin ist ein Carotinoid, das strukturell Ähnlichkeit mit dem Beta-Carotin hat. Als Antioxidans schützt Lycopin vor ganz unterschiedlichen Erkrankungen. Seit Jahren kontrovers diskutiert wird die vorbeugende Einnahme von Lycopin, um das Risiko eines Prostata-Karzinoms zu vermindern. Auch die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt zu den vieldiskutierten Anwendungen von Lycopin.



Ebenfalls von Bedeutung scheint die antidiabetische Wirkung von Lycopin zu sein. Befunde aus tierexperimentellen Untersuchungen am Diabetes-Modell lassen auf eine blutzuckersenkende Wirkung von Lycopin schließen (4).

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Literatur

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Passiflora: Passionsblumen-Extrakt bei Nervosität, Angst und Schlafstörung – Wirksam oder unwirksam?


Schlaflosigkeit aufgrund von Angst, innerer Anspannung und Stress - wirkt Passiflora?



Welche Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet?

  • Bei welchen Erkrankungen werden Passionsblumen-Extrakte angewendet?
  • Welche Dosierungen von Passionsblumen-Extrakten werden empfohlen?
  • Wie wirkt Passionsblumen-Extrakt?
  • Ist die Wirksamkeit von Passiflora durch überzeugende Studiendaten belegt?
  • Welche Nebenwirkungen sind unter der Einnahme von Passionsblumen-Extrakten möglich?


Hintergrund

Passiflora incarnata ist eine in den südöstlichen USA heimische Pflanzenart, die zu der über 530 Arten umfassenden Familie der Passionsblumengewächse gehört. Die meisten der Passiflora-Arten stammen aus Nord-, Mittel- und Südamerika.

Extrakte aus Passionsblumen oder Passiflora incarnata wurden über Jahrhunderte zur Behandlung von Angststörungen insbesondere in Südamerika und später auch in Nordamerika und Europa angewandt (1). Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte sich die medizinische Anwendung von Passiflora offensichtlich soweit bewährt, dass Madaus in seinem Lehrbuch der biologischen Heilmittel (1938) ihr eine ausführliche, auf wissenschaftliche Publikationen gestützte Abhandlung widmete, in deren Mittelpunkt vor allem die beruhigende und schlafbringende Wirkung der Heilpflanze stand.


Anwendungsgebiete

Als pflanzliches Arzneimittel ist der Wirkstoff Passionsblumen-Trockenextrakt in Deutschland zur Behandlung von nervösen Unruhezuständen zugelassen.

In der Praxis wird Passiflora incarnata auch bei leichten Einschlafproblemen und nervös bedingten Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt. Der Substanz wird eine gute angstlösende Wirkung zugeschrieben.

Empfohlen werden die Extrakte aus Passionsblumen allgemein gegen Anspannung, Stress und Angst. Passiflora soll positiv auf die nervliche Anspannung infolge von Leistungsdruck wirken. Auch als Mittel gegen Flugangst oder zur Minderung von Prüfungsangst werden Passionsblumen-Extrakte von den Herstellern beworben. Darüber hinaus werden Passionsblumen-Extrakte als Prämedikation vor Operationen zur Linderung von Angst angewendet.

Passionsblumen-Extrakte werden als Monopräparate oder in Kombination mit Baldrian oder Johanniskraut rezeptfrei in Apotheken angeboten (z.B.: Pascoflair®, Kytta-Sedativum®, Hoggar® Balance, Neurapas®, Hyperflorin®, Lioran®).

Link: Das Wesentliche zusammengefasst
– Passiflora kurz und bündig


Dosierung

Zu beachten ist, dass der Gehalt an Passionsblumen-Extrakt in den angebotenen Passionsblumen-Präparaten sehr unterschiedlich sein kann. Beispielsweise sind im Präparat Neurapass® neben Johanniskraut und Baldrian nur 32 mg Passionsblumenkraut Trockenextrakt enthalten. Die Arzneimittel Kytta-Sedativum®, Hoggar® Balance und Pascoflair® enthalten hingegen ausschließlich Passionsblumenkraut-Trockenextrakt als Wirkstoff, und zwar in einer Dosierung von 425 mg pro Tablette. Für diese pflanzlichen Arzneimittel wird die Einnahme von täglich 2 bis 3 Tabletten (Tagesdosis: 850 bis 1275 mg) empfohlen (14). Im Unterschied dazu sind im Arzneimittel Passidon® 260 mg Passionsblumenkraut-Extrakt pro Kapsel enthalten, die empfohlene Tagesdosis liegt für Erwachsene bei 2 x 2 Kapseln.

Lioran® (260 mg Passionsblumen-Trockenextrakt): Empfohlen wird eine Einnahme von 2 Kapseln am Abend vor dem Schlafengehen. Abhängig vom Beschwerdegrad können 1 - 3 Kapseln tagsüber genommen werden. Die Maximaldosis pro Tag beträgt 5 Kapseln.


Wirkmechanismus

Nervöse Unruhe kann auf einen Mangel an GABA (Gamma-Aminobuttersäure) im Gehirn zurückzuführen sein. Passionsblumen-Extrakt entfaltet wahrscheinlich einen Teil seiner Wirkung über den Neurotransmitter (Nervenbotenstoff) GABA. Dessen Wirkung wird durch Passiflora verstärkt. Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe der Passionsblume sind bisher nicht vollständig bekannt. Es liegen Hinweise vor, dass Benzoflavon-Verbindungen zu den wichtigsten bioaktiven Bestandteilen von Passiflora incarnata zählen (2).

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Studien zur Wirksamkeit von Passionsblumen-Extrakten

In tierexperimentellen Untersuchungen konnte die angstlösende Wirkung von Passiflora überzeugend dokumentiert werden (1, 2).


Übersichtsarbeiten / Metaanalysen zur Wirksamkeit

In einer Cochrane-Metaanalyse aus dem Jahre 2007 wurden insbesondere zwei Studien, die auf eine Nicht-Unterlegenheit von Passiflora im Vergleich zur Standardtherapie mit Benzodiazepinen hinweisen, analysiert. In ihrem Fazit kamen die Autoren zu dem Schluss, dass zu diesem Zeitpunkt noch zu wenig kontrollierte Studien vorlagen, um die Wirksamkeit von Passiflora zu beurteilen (3).

Wenige Jahre später wurde in einer Übersichtsarbeit geprüft, wie sich eine Nahrungsergänzung mit pflanzlichen Wirkstoffen auf Angsterkrankungen bzw. Störungen des Angsterlebens auswirkt (4). Im Ergebnis bescheinigen die Autoren insbesondere Präparaten, die Passionsblumen-Extrakte enthalten eine mögliche Wirksamkeit zur unterstützenden Behandlung bei Erkrankungen, die mit Angstsymptomen einhergehen. Zu einer ähnlich positiven Schlussfolgerung in Bezug auf Passionsblumen-Extrakte kommt die Arbeitsgruppe um Sarris und Mitarbeiter. Auch sie attestieren Passiflora incarnata eine anxiolytische Wirkung und einen positiven Effekt auf angstbedingte Schlafstörungen (5, 15).


Passiflora bei generalisierten Angststörungen

In einer kontrollierten klinischen Studie an 36 Patienten mit generalisierter Angststörung wurde die Wirkung eines Passionsblumen-Extraktes mit der Wirkung des Benzodiazepins Oxazepam verglichen (6). Der Passionsblumen-Extrakt zeigte nach 7-tägiger Anwendung eine vergleichbare angstmindernde Wirkung wie das Benzodiazepin Oxazepam. Vorteile für den Passionsblumen-Extrakt zeigten sich in einer geringeren Beeinträchtigung im Berufsalltag. Ein schnellerer Wirkeintritt wurde in dieser Studie hingegen für das Oxazepam beschrieben. Die Abnahme der Angstsymptomatik wurde mit Hilfe der Hamilton-Angst-Skala dokumentiert. Der durchschnittliche Wert auf der Hamilton-Angst-Skala sank bei der Behandlung mit Passiflora als auch mit Oxazepam von 20 auf 5, wobei Werte zwischen 18 und 24 auf einen mittelschweren Verlauf hinweisen (6).
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Verminderung von Angst vor Operationen

In einer weiteren doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie wurde die Wirkung von Passionsblumen-Extrakt auf die Ängstlichkeit vor einer Operation untersucht (7). Etwa 30 Minuten nach Gabe der Medikation konnte ein signifikanter Unterschied in der Ausprägung von Angst zwischen der Placebo- und der Passiflora-Gruppe dokumentiert werden. Passionsblumen-Extrakte könnten demnach als Prämedikation die Angst vor Operationen mindern (7). Bestätigt wurden diese Ergebnisse in einer kürzlich veröffentlichten Placebo-kontrollierten Untersuchung an 60 Patienten, die vor einer Operation eine Spinalanästhesie erhielten. Auch hier zeigte sich durch die Einnahme von Passionsblumen-Extrakt 30 Minuten vor dem Eingriff eine statistisch signifikante Minderung von Angst im Vergleich zur Placebo-Einnahme (8).


Einfluss auf die Schlafqualität

In einer Placebo-kontrollierten Doppelblind-Studie wurde an 41 Erwachsenen mit gering ausgeprägten Schlafstörungen geprüft, ob durch die tägliche Einnahme von Passiflora über einen Zeitraum von einer Woche die Schlafqualität positiv beeinflusst wird (9). In dieser Untersuchung wurde eine Tee-Zubereitung aus Passionsblumen-Extrakt eingesetzt. Ergebnis: Bei der Auswertung der Schlafprotokolle zeigte sich ein signifikanter Vorteil für die Passionsblumen-Gruppe. Unter der Behandlung mit Passiflora besserte sich insbesondere die subjektive Schlafqualität bei den ansonsten gesunden Erwachsenen (9).


Schlafstörungen und Schlafprobleme – weitere interessante Beiträge:

 

Verträglichkeit von Passiflora incarnata

Insgesamt wird die Verträglichkeit von Passionsblumen-Extrakten in klinischen Studien als gut beschrieben. Mögliche Wechselwirkungen mit Benzodiazepinen wie Lorazepam können nicht ausgeschlossen werden. Einem Literaturbericht zufolge kann die gleichzeitige Einnahme von Lorazepam und der Kombination aus Passiflora incarnata und Baldrian-Extrakten zu Symptomen von Übererregbarkeit mit Zittern führen (10). Als Nebenwirkungen wurden in Untersuchungen über allergische Hauterscheinungen (14), Schwindel und Benommenheit berichtet (6). 

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Ausblick

 

Diabetes mellitus

Erste tierexperimentelle Untersuchungen weisen auf eine mögliche Wirkung von Passiflora incarnata beim Diabetes mellitus hin (11). In diesen Untersuchungen wurden eine blutzuckersenkende Wirkung, eine verbesserte Glukosetoleranz und ein positiver Einfluss auf das Lipid-Profil unter Passionsblumen-Extrakten beschrieben.


Depression

Es liegen zudem erste Hinweise vor, dass die kombinierte Anwendung von Passiflora incarnata und Johanniskraut-Extrakten einen synergistischen Effekt auf depressive Symptome haben könnte. Einer Untersuchung zufolge könnte die therapeutisch notwendige Dosis von Johanniskraut zur Behandlung der Depression durch die gleichzeitige Anwendung von Passiflora-Extrakten reduziert werden (12).


Epilepsie

Ein häufiges Symptom nach einem epileptischen Anfall (postiktal) ist eine depressive Verstimmung des Patienten, welche noch Tage nach dem Anfall andauern kann. Erste tierexperimentelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine begleitende Behandlung mit Passiflora incarnata diese postiktale Depression günstig beeinflussen kann (16).


Libido

Es ist bekannt, dass ein übermäßiger, chronischer Konsum von Alkohol und Nikotin erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Libido, Fruchtbarkeit und Spermienzahl beim männlichen Geschlecht haben kann. Möglicherweise haben einzelne Wirkstoffe aus der Passionsblume einen positiven Effekt auf den durch übermäßigen Alkohol- und Nikotin-Konsum bedingten Libido-Verlust. Erste tierexperimentelle Untersuchungen deuten auf eine beschleunigte Wiederherstellung der Sexualität bei Ratten nach Beendigung der Zufuhr von Alkohol und Nikotin hin (13).


Offene Fragen

Da bisher die wirksamen Inhaltsstoffe der Passionsblume nur unvollständig bekannt sind, bleibt auch unklar, welcher Teil der Pflanze den größten Anteil an wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen enthält. Die in Deutschland zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel enthalten ausschließlich Passionsblumenkraut-Trockenextrakt. Obwohl in den bisher publizierten Studien nicht standardisierte Passiflora-Extrakte in unterschiedlichen Dosierungen zugrunde lagen, zeigen die Ergebnisse bei der Behandlung von nervösen Unruhezuständen ein übereinstimmend positives Bild. Es kann daher vermutet werden, dass die Wirkstoffe aus Passiflora-Extrakten eine große therapeutische Breite aufweisen.


Fazit

Auf Basis der bisher veröffentlichten Studiendaten können Extrakte der Passionsblume in ausreichend hoher Dosierung als wirksam zur Verminderung von Angst und nervösen Unruhezuständen angesehen werden. In der Mehrzahl der Studien konnte die beruhigende, angstlösende und einschlaffördernde Wirkung von Passionsblumen-Extrakt bestätigt werden. Diese allgemeine Einschätzung wird bestätigt durch Untersuchungen, in denen Passionsblumen-Extrakt als Prämedikation die Angst vor Operationen reduzierte. Bei Angsterkrankungen liegen hingegen zu wenige große, kontrollierte Studien vor, um eine allgemeine Empfehlung zur Anwendung von Passiflora-incarnata-Extrakten aussprechen zu können.

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Literatur


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2. Dhawan K, Kumar S, Sharma A. Comparative anxiolytic activity profile of various preparations of Passiflora incarnata linneaus: a comment on medicinal plants' standardization. J Altern Complement Med. 2002 Jun;8(3):283-91.

3. Miyasaka LS, Atallah AN, Soares BG. Passiflora for anxiety disorder.
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4. Lakhan SE, Vieira KF. Nutritional and herbal supplements for anxiety and anxiety-related disorders: systematic review. Nutr J. 2010 Oct 7;9:42.

5. Sarris J, Panossian A, Schweitzer I, Stough C, Scholey A. Herbal medicine for depression, anxiety and insomnia: a review of psychopharmacology and clinical evidence. Eur Neuropsychopharmacol. 2011 Dec;21(12):841-60.

6. Akhondzadeh S, Naghavi HR, Vazirian M, Shayeganpour A, Rashidi H, Khani M. Passionflower in the treatment of generalized anxiety: a pilot double-blind randomized controlled trial with oxazepam. J Clin Pharm Ther. 2001 Oct;26(5):363-7.

7. Movafegh A, Alizadeh R, Hajimohamadi F, Esfehani F, Nejatfar M. Preoperative oral Passiflora incarnata reduces anxiety in ambulatory surgery patients: a double-blind, placebo-controlled study. Anesth Analg. 2008 Jun;106(6):1728-32.

8. Aslanargun P, Cuvas O, Dikmen B, Aslan E, Yuksel MU. Passiflora incarnata Linneaus as an anxiolytic before spinal anesthesia. J Anesth. 2012 Feb;26(1):39-44.

9. Ngan A, Conduit R. A double-blind, placebo-controlled investigation of the effects of Passiflora incarnata (passionflower) herbal tea on subjective sleep quality. Phytother Res. 2011 Aug;25(8):1153-9.

10. Carrasco MC, Vallejo JR, Pardo-de-Santayana M, Peral D, Martín MA, Altimiras J.

Interactions of Valeriana officinalis L. and Passiflora incarnata L. in a patient treated with lorazepam. Phytother Res. 2009 Dec;23(12):1795-6.

11. Gupta RK, Kumar D, Chaudhary AK, Maithani M, Singh R. Antidiabetic activity of Passiflora incarnata Linn. in streptozotocin-induced diabetes in mice. J Ethnopharmacol. 2012 Feb 15;139(3):801-6.

12. Fiebich BL, Knörle R, Appel K, Kammler T, Weiss G. Pharmacological studies in an herbal drug combination of St. John's Wort (Hypericum perforatum) and passion flower (Passiflora incarnata): in vitro and in vivo evidence of synergy between Hypericum and Passiflora in antidepressant pharmacological models. Fitoterapia. 2011 Apr;82(3):474-80.

13. Dhawan K, Sharma A. Prevention of chronic alcohol and nicotine-induced azospermia, sterility and decreased libido, by a novel tri-substituted benzoflavone moiety from Passiflora incarnata Linneaus in healthy male rats. Life Sci. 2002 Nov 15;71(26):3059-69.

14. Fachinformation Kytta-Sedativum®

15. Sarris J, McIntyre E, Camfield DA. Plant-based medicines for anxiety disorders, part 2: a review of clinical studies with supporting preclinical evidence. CNS Drugs. 2013 Apr;27(4):301-19.

16. Singh B, Singh D, Goel RK. Dual protective effect of Passiflora incarnata in epilepsy and associated post-ictal depression. J Ethnopharmacol. 2012 Jan 6;139(1):273-9.


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