Die Folgen von zu wenig Schlaf bei Kindern und Jugendlichen


Inhaltsverzeichnis


  • Hintergrund
  • Empfohlene Schlafdauer
  • Häufigkeit von Schlafmangel bei Kindern und Jugendlichen
  • Verhaltensstörungen, psychische Probleme
  • Schlafmangel als Risiko für Alkohol- und Drogenmissbrauch
  • Einfluss der Schlafdauer auf die schulischen Leistungen
  • Kurze Schlafdauer und Übergewicht
  • Schlafdauer und Diabetes mellitus
  • Fördern Schlafstörungen Entzündungsprozesse?
  • Bluthochdruck
  • Depression

Auf den Punkt gebracht:

Kinder und Jugendliche mit unzureichender Schlafdauer entwickeln häufiger Übergewicht. Sie haben ein erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen im Erwachsenenalter wie Diabetes, Adipositas und psychische Probleme. Auch das Risiko für Bluthochdruck steigt, zu dem haben sie häufiger Aufmerksamkeits- und Verhaltensprobleme. Sie zeigen darüber hinaus schlechtere schulische Leistungen

 

Hintergrund

Schlaf ist grundlegend für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern. Darüber hinaus ist der Schlaf in der Kindheit und frühen Jugend für viel wichtige Entwicklungsschritte notwendig, einschließlich Sprachentwicklung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Verhalten (Matricciani 2013).

Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine kurze Schlafdauer mit negativen körperlichen und emotionalen Veränderungen verbunden ist. Es zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten und kognitive Einbußen. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko von Adipositas und psychiatrischen Problemen (Paruthi 2016, Owens 2014, Lowry 2012, Fitzgerald 2009).


Empfohlene Schlafdauer

Die American Academy of Sleep Medicine hat empfohlen, dass Kinder im Alter von 6-12 Jahren für eine optimale Gesundheit regelmäßig 9-12 Stunden pro 24 Stunden und Jugendliche im Alter von 13-18 Jahren 8-10 Stunden schlafen sollten (Paruthi 2016).


Häufigkeit von Schlafmangel bei Kindern und Jugendlichen

Etwa ein Drittel der 2- bis 3-Jährigen schlafen weniger als empfohlen (Miller 2015).
Etwa 20 – 30 % der Kinder in den ersten 10 Lebensjahren bekommen nicht die notwendige Menge an Schlaf, die sie benötigen. Der Unterschied ist in den höheren Altersgruppen noch ausgeprägter und insbesondere im Jugendalter, wo etwa 70 % der Jugendlichen die Schlaf-Empfehlungen nicht einhalten (Bruni 2017). Andere Untersuchungen zeigen, dass nur 20 % der Jugendlichen den optimalen 9-Stunden-Schlaf an Schultagen erhalten (Miller 2015).

Die Gesamtprävalenz einer zu kurzen Schlafdauer unter Mittelschülern in den USA betrug 57,8 %. Auf der High School Ebene lag die Prävalenz landesweit bei 72,7 % (Wheaton 2018). 


Verhaltensstörungen, psychische Probleme

Schlafentzug hat nachteilige Auswirkungen auf kognitive Funktionen und psychische Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen.

Eine Metaanalyse von Matricciani et al. an 690.747 Kinder berichtet über eine verringerte Schlafdauer von 0,75 min pro Jahr im letzten Jahrhundert (zwischen 1950 und dem Jahr 2000 entspricht das ca. 37 Min.), wobei die Veränderungsrate an Schultagen, für ältere Kinder und für Jungen am größten war (Matricciani 2013). Diese Beobachtung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend: Unzureichende Schlafqualität oder -menge bei Kindern kann negative Auswirkungen auf die Aktivitäten des Tages haben und es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Schlafproblemen in frühen Lebensjahren und späteren Verhaltensstörungen, emotionalen Problemen und gestörter neuropsychologischer Funktionen im Jugendalter.


Schlafmangel als Risiko für Alkohol- und Drogenmissbrauch

Eine kurze Schlafdauer, ein anhaltendes Schlafdefizit, große tägliche Unterschiede in der Schlafenszeit und Schlafprobleme waren signifikant mit einer höheren Quote an Alkohol- und Drogenmissbrauch verbunden (Sivertsen 2015).


Einfluss der Schlafdauer auf die schulischen Leistungen

Jugendliche, die sowohl in der Woche als auch am Wochenende eine kurze Schlafdauer aufweisen, scheiterten häufiger in mindestens einem Schulfach als diejenigen, die mindestens 7-8 Stunden pro Nacht geschlafen hatten (Titova 2015).

Die meisten Schlafparameter waren mit einem erhöhten Risiko für schlechte Schulleistungen verbunden. Nach Anpassung der soziodemografischen Daten waren die kurze Schlafdauer und das Schlafdefizit insgesamt die Parameter mit dem größten Einfluss auf die schulischen Leistungen (Sivertsen 2015).


Kurze Schlafdauer und Übergewicht

Studien haben konsistent einen Zusammenhang zwischen zu wenig Schlaf während der frühen Kindheit (Alter 3-7 Jahre) und entweder gleichzeitigem oder späterem Übergewicht identifiziert (Miller 2015). Eine kürzlich durchgeführte Querschnittsstudie fand einen Zusammenhang zwischen zu wenig Schlaf und Adipositas bei Jungen und Mädchen im Alter von 9 Jahren und 10 Jahren (Miller 2015).
Eine Übersichtarbeit (Chen 2008) kommt zu folgendem Schluss, dass Kinder mit kurzer Schlafdauer ein um 58 % höheres Risiko für Adipositas hatten als Kinder mit normaler Schlafdauer. Bei den Kindern mit der kürzesten Schlafdauer stieg dieses Risiko noch weiter an (+92 %). 


Schlafdauer und Diabetes mellitus

Mehrere Metaanalysen bestätigten den unabhängigen Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und dem Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei Erwachsenen (Shan 2015, Lee 2017, Cappuccio 2010). 

Es wurde eine U-förmige Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Schlafdauer und dem Diabetes-Risiko bei Erwachsenen beobachtet, mit dem geringsten Risiko bei einer Schlafdauer von 7-8 Stunden pro Tag. Die Mechanismen, die diesen Zusammenhang zugrunde liegen, sind noch nicht vollständig verstanden. Ein unzureichender Schlaf ist mit einer Insulinresistenz, einer erhöhter Nahrungsaufnahme und einer gestörten Glukosetoleranz verbunden (McNeil 2013). In ähnlicher Weise deuten Beobachtungsstudien darauf hin, dass auch bei Kindern und Jugendlichen eine kurze Schlafdauer und eine schlechte Schlafqualität mit einer Insulinresistenz assoziiert sind (Dutil 2017).



Fördern Schlafstörungen Entzündungsprozesse?

Jugendliche mit Schlafstörungen und weniger als 7 Stunden Schlaf wiesen ein höheres CRP (1,79 mg/l) auf als Kontrollpersonen (0,90 mg/l) oder Jugendliche mit Schlafproblemen, aber mehr als 8 Stunden Schlaf (0,98 mg/l). Das C-reaktive Protein (CRP) gilt als Marker für entzündliche Prozesse im Körper. 

Schlafstörungen mit objektiv kurzer Schlafdauer sind demnach bereits bei Jugendlichen mit systemischen Entzündungen assoziiert. Diese Studie legt nahe, dass bereits eine gering ausgeprägte Entzündung aufgrund von zu wenig Schlaf den Weg für chronische Erkrankungen im Erwachsenenalter ebnen könnte (Fernandez-Mendoza 2017).


Bluthochdruck

Neuere epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass die Häufigkeit von Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen signifikant zugenommen hat.
Das schon die Schlafdauer bei Kindern und Jugendlichen einen Einfluss auf das Risiko für einen späteren Bluthochdruck hat, darauf deuten erste Untersuchungen hin. Demnach ist eine Schlafdauer von weniger als 8 Stunden ein unabhängiger Risikofaktor für erhöhte Blutdruckwerte und eine manifeste Hypertonie bei Kindern im Alter von 11-17 Jahren (Bal 2017).

Basierend auf den Daten von 6,940 Kindern im Alter von 12-15 Jahren kommt eine weitere Untersuchung zu einem ähnlichen Ergebnis: Im Vergleich zu Kindern die mindestens 8 Stunden pro Tag schlafen, hatten Kinder und Jugendliche mit einer Schlafdauer von 7 Stunden und weniger ein mindestens doppelt so hohes Risiko einen Bluthochdruck zu entwickeln (Kuciene 2014). 

Eine Untersuchung aus China bestätigt diese Ergebnisse: Eine kurze Schlafdauer (weniger als 9 Std.) ist bei Jungen im Alter von 11 bis 14 Jahren mit einem erhöhten Risiko für einen Bluthochdruck verbunden (Guo 2011).

Eine kurze Schlafdauer, ermittelt über ein 7-tägiges Schlaftagebuch, war bei normalgewichtigen Jugendlichen mit einem höheren Blutdruck verbunden. Ein gelegentlich ausreichender Schlaf kann das Risiko für Bluthochdruck zwar teilweise vermindern, kann aber den Effekt eines lang anhaltenden Schlafdefizits nicht vollständig kompensieren (Au 2014).



Depression

Es gibt auch eine signifikante Wechselwirkung zwischen Schlaflosigkeit, Schlafdauer und Depression, mit einem mehr als achtfachen Anstieg der Häufigkeit von Depression für diejenigen, die Schlafstörungen aufweisen und gleichzeitig weniger als 6 Stunden schlafen (Sivertsen 2014).


Fazit

Es war noch nie so offensichtlich, dass auch Kinder ihren Schlaf brauchen, um gesund zu bleiben. Kinder und Jugendliche, die für ihr Alter nicht die empfohlene Schlafzeit einhalten, haben ein erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas und psychische Probleme. Auch das Risiko für Bluthochdruck steigt, zu dem haben sie häufiger Aufmerksamkeits- und Verhaltensprobleme. Insgesamt zeigen Kinder und Jugendliche mit einem Schlafdefizit schlechtere schulische Leistungen (Paruthi 2016, Matricciani 2013, Owens 2014, Lowry 2012, Fitzgerald 2009).


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Literatur

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  • Wheaton, Anne G.; Jones, Sherry Everett. Centers for Disease Control and Prevention: Short Sleep Duration Among Middle School and High School Students — United States, 2015, January 26, 2018 / 67(3);85–90: https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/67/wr/mm6703a1.htm?s_cid=mm6703a1_w