Chronische Kopfschmerzen - Magnesium zur Vorbeugung von Migräne



Es gibt deutliche Hinweise, dass ein Magnesiummangel bei Migräne-Patienten viel häufiger als bei gesunden Kontrollen auftritt (6).
Magnesium, das zweithäufigste intrazelluläre Kation, ist essenziell für viele intrazelluläre Prozesse und scheint eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Migräne zu spielen (6).
Bisher nicht eindeutig zu beantworten ist die Frage, ob von einer Magnesium-Gabe alle Migräne-Patienten profitieren oder nur diejenigen mit einem Magnesiummangel.

Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studien zur Magnesium-Gabe bei Migräne-Patienten haben unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Ergebnisse erbracht. Eine mögliche Erklärung für diese inkonsistenten Ergebnisse könnte darin liegen, dass sowohl Patienten mit Magnesiummangel als auch Patienten mit ausreichendem Magnesiumstatus in diese Studien eingeschlossen wurden.

Im folgenden Beitrag wird die aktuelle Studienlage zur Wirksamkeit von Magnesium zur vorbeugenden Behandlung der Migräne dargestellt und bewertet.



Hintergrund

Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzformen. Die Prävalenz der Migräne liegt zwischen 10 und 15 % (8, 11). Bei Schulkindern wird die Migräne-Prävalenz mit 7,7 % angegeben (1). Kopfschmerzen insgesamt sind bei Schülern deutlich häufiger: So klagen 58,4 % aller Schulkinder mindestens einmal im Monat über Kopfschmerzen (1).

Für viele Erwachsene bedeuten auch die episodisch auftretenden Migräne-Attacken eine deutliche Einschränkung ihrer Lebensqualität und bedürfen deshalb, wenn möglich, präventiver Maßnahmen. Ziel der medikamentösen Prophylaxe ist eine Reduzierung von Häufigkeit, Schwere und Dauer der Migräneattacken und die Vorbeugung des medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzes. Angestrebt werden sollte mit der Migräneprophylaxe eine mindestens 50-prozentige Reduzierung des Auftretens von Migräne, und das bei einer insgesamt guten Verträglichkeit der Behandlung.

Eine medikamentöse Prophylaxe der Migräne ist angezeigt bei besonderem Leidensdruck und Einschränkung der Lebensqualität. Als zusätzliche Kriterien werden 3 und mehr Migräneattacken pro Monat genannt, aber auch Migräneattacken, die regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten.



Magnesiummangel


Routinemäßige Blutuntersuchungen spiegeln häufig nicht den wahren Körper-Magnesium-Status wider, denn weniger als 2 % des Gesamt-Magnesiumbestandes befinden sich im messbaren extrazellulären Raum, wohingegen sich 67 % in den Knochen und 31 % intrazellulär befinden (6).

Ein Mangel an Magnesium kann die Entwicklung einer Depression fördern, zu einer stärkeren Thrombozyten-Aggregation beitragen, die Serotonin-Rezeptor-Funktion beeinträchtigen und die Synthese und Freisetzung einer Vielzahl von Neurotransmittern beeinflussen (6).

Migräne-Patienten können einen Magnesiummangel durch eine seltene genetische Störung in der Magnesiumaufnahme im Darm entwickeln, durch eine vererbte Ausscheidungsstörung der Niere mit erhöhten Magnesiumverlusten, aber auch durch eine stressbedingte Mehrausscheidung von Magnesium. Viel häufige ist jedoch  eine zu geringe Magnesiumaufnahme über die Ernährung (6).



Studien zur Wirksamkeit 


Magnesium zur Vorbeugung von Migräne-Attacken


Um die prophylaktische Wirkung der oralen Gabe von Magnesium zu bewerten, wurden 81 Migräne-Patienten im Alter von 18 - 65 Jahren mit durchschnittlich 3,6 Migräne-Attacken pro Monat in einer Placebo-kontrollierten Studie beobachtet (7). Nach einer Run-in-Periode von 4 Wochen erhielten sie für 12 Wochen täglich 600 mg (24 mmol) Magnesium (Magnesiumcitrat) oder Placebo.
Ergebnisse: In den letzten 3 Wochen der Behandlungsphase konnte die Migräne-Häufigkeit um 41,6 % in der Magnesium-Gruppe und um 15,8 % in der Placebo-Gruppe gegenüber dem Ausgangsbefund verringert werden. Auch die Anzahl der Tage mit Migräne und der Medikamentenverbrauch zur symptomatischen Behandlung waren in der Magnesium-Gruppe deutlich zurückgegangen. Als Nebenwirkungen wurde über Durchfall (18,6 %) und Magenreizung (4,7 %) berichtet.
Studienfazit: Hoch-dosiertes Magnesium scheint wirksam zur Migräneprophylaxe zu sein (7).

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Migräne ohne Aura

Die z.T. widersprüchlichen Ergebnisse zur Wirksamkeit von Magnesium bei der Prophylaxe von Migräne-Attacken waren Anlass für die Untersuchung spezieller Migräne-Subtypen. Bisherige Beobachtungen deuteten auf ein unterschiedliches Ansprechen der Migräne mit und ohne Aura hin.
In einer doppelblinden Placebo-kontrollierten Studie wurde die prophylaktische Wirkung von oralem Magnesium bei Migräne-Patienten ohne Aura untersucht (4). 40 Migräne-Patienten (20 - 55 Jahre alt mit 2 - 5 Migräne-Attacken pro Monat) wurden über 3 Monate mit täglich 600 mg Magnesiumcitrat oder Placebo behandelt. Ergebnisse: Die Häufigkeit und Schwere der Migräne-Attacken sank unter der Magnesium-Behandlung im Vergleich zur Placebo-Behandlung signifikant. Dementsprechend bewerteten die Studienautoren die orale Magnesium-Gabe als eine sinnvolle Option zur Prophylaxe der Migräne ohne Aura (4).



Magnesium in Kombination mit L-Carnitin


In einer weiteren Untersuchung wurde die Wirkung einer gleichzeitigen Supplementierung von Magnesium und L- Carnitin zur Migräneprophylaxe beurteilt (9). In dieser Studie wurden 133 Migräne-Patienten zufällig in vier Behandlungsgruppen eingeteilt Magnesiumoxid (500 mg/Tag), L-Carnitin (500 mg/Tag), Magnesium-L-Carnitin-Kombination (500 mg/Tag Magnesium und 500 mg/Tag L-Carnitin) und eine Kontrollgruppe. Nach 12 Wochen Supplementierung wurde die Checkliste der Migräne-Indikatoren einschließlich Migräne-Attacken pro Monat, Anzahl der Tage mit Migräne pro Monat und Schwere der Kopfschmerzen analysiert. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Reduktion der Gesamt-Migräne-Indikatoren in allen untersuchten Gruppen, insbesondere eine signifikante Reduktion der Migränehäufigkeit in beiden Verum-Gruppen und der Kontrollgruppe (p = 0,008). Die Autoren schlussfolgerten, dass auch unter Berücksichtigung aller Störgrößen, wie z.B. die Routinebehandlung der Migräne, die Magnesium-Supplementierung einen signifikanten Effekt auf alle Migräne-Indikatoren hätte. Die orale Nahrungsergänzung mit Magnesium und L-Carnitin und auch die Gabe der Magnesium-Carnitin-Kombination könne neben der Routinebehandlungen als wirksam bei Migräne-Prophylaxe angesehen werden (9).



Vorbeugung von Migräne bei Kindern


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Ergebnisse: Während in der Magnesium-Gruppe die Häufigkeit von Migräne im Behandlungsverlauf signifikant abnahm, wurde unter der Placebo-Einnahme keine signifikante Veränderung beobachtet. Trotzdem war der Unterschied zwischen beiden Gruppen nicht signifikant. In Bezug auf den Schweregrad der Migräne zeigte sich hingegen eine signifikante Besserung in der Magnesium-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Auch wenn mit dieser Untersuchung zur Migräne-Prophylaxe bei Kindern nicht eindeutig eine Überlegenheit von Magnesium gegenüber der Placebo-Gabe nachgewiesen werden konnte, so deuten die Ergebnisse darauf hin, dass mit Magnesium eine Reduktion der Kopfschmerztage erreicht werden könnte (10).


Kopfschmerzen vom Spannungstyp  

Die langfristige Wirkung einer Magnesium-Gabe auf Kopfschmerzen vom Spannungstyp wurde in einer italienischen Studie an Kindern und Jugendlichen untersucht (3). Nachdem 45 Kinder/Jugendliche für drei Monate Magnesium erhalten hatten, wurde die Veränderung der Symptome in den folgenden 12 Monaten ohne weitere Behandlung verfolgt. Ergebnis: Insgesamt zeigte sich in der Nachbeobachtungsperiode eine signifikante Abnahme der Symptome mit einem Rückgang der Kopfschmerztage um 69,9 % und einer Verminderung des Schmerzmittelgebrauchs um 65,4 % (3).
Kritik: Es handelt sich um eine unkontrollierte Studie, weitere Untersuchungen mit einer Placebo-Kontrolle sind notwendig, um allgemeingültige Aussagen zur Wirksamkeit von Magnesium bei Spannungskopfschmerzen treffen zu können.

In den derzeit gültigen deutschen Leitlinien der Fachgesellschaften zur Prophylaxe von Migräne-Anfällen wird die Wirksamkeit von Magnesium als nicht sehr ausgeprägt bewertet. Zudem würde die notwendige Magnesium-Dosierung aufgrund von Nebenwirkungen (Durchfall) häufig nicht erreicht (5). 

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Magnesium zur Behandlung des akuten Migräne-Anfalls


In einer kürzlich veröffentlichten Cochrane-Metaanalyse zur Wirksamkeit der intravenösen Magnesium-Gabe bei der Behandlung eines akuten Migräne-Anfalls kommen die Autoren nach Durchsicht von 5 kontrollierten Studien zu dem Schluss, dass Magnesium weder zu einer Schmerzreduktion noch zu einer Verminderung der notwendigen medikamentösen Behandlungen beiträgt (2).



Verträglichkeit


Unter der regelmäßigen Einnahme von Magnesium kann es zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Besonders höhere Dosierungen von Magnesium (> 500 mg) können zu durchfallartigen Beschwerden führen. Es wird empfohlen, die Tagesdosis an Magnesium auf mehrere Einzeldosen über den Tag verteilt einzunehmen.



Dosierung und Anwendungsdauer


Die bisherigen Studiendaten weisen als wirksame Dosierung auf die Einnahme von täglich 500 bis 600 mg Magnesium hin. Als vorbeugende Maßnahme zur Verminderung der Migräne-Häufigkeit hat sich in Studien eine Einnahmedauer übr mindestens 12 Wochen bewährt.



Diskussion und Fazit


Die bisher veröffentlichten Studiendaten zur Wirksamkeit von Magnesium bei der Prophylaxe von Migräne-Anfällen sprechen für eine mögliche Verminderung der Häufigkeit und Schwere von Migräne-Attacken durch eine längerfristige ausreichend hoch dosierte Einnahme von Magnesium.

Die orale Magnesium-Gabe ist weit verbreitet, sicher und sehr preiswert. Für Patienten mit einem Magnesiummangel kann diese Behandlung sehr effektiv sein. In Anbetracht dieser Eigenschaften von Magnesium und der Tatsache, dass etwa die Hälfte der Migräne-Patienten ein Magnesiummangel aufweisen und dass Routine-Blutuntersuchungen nur unzureichend den Magnesiumstatus erfassen, scheint die empirische Behandlung mit Magnesium für die Mehrzahl der Migränepatienten empfehlenswert.

Weitere Informationen zum Thema Migräne: 

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Literatur / Quellenangabe

1. Abu-Arafeh I, Razak S, Sivaraman B, Graham C. Prevalence of headache and migraine in children and adolescents: a systematic review of population-based studies. Dev Med Child Neurol. 2010 Dec;52(12):1088-97.
2. Choi H, Parmar N.The use of intravenous magnesium sulphate for acute migraine: meta-analysis of randomized controlled trials. Eur J Emerg Med. 2014 Feb;21(1):2-9.
3. Grazzi L, Andrasik F, Usai S, Bussone G. Magnesium as a preventive treatment for paediatric episodic tension-type headache: results at 1-year follow-up. Neurol Sci. 2007 Jun;28(3):148-50.
4. Köseoglu E, Talaslioglu A, Gönül AS, Kula M. The effects of magnesium prophylaxis in migraine without aura. Magnes Res. 2008 Jun;21(2):101-8.
5. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Stand: September 2012, Migräne, Therapie, http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-057.html
6. Mauskop A, Varughese J.Why all migraine patients should be treated with magnesium. J Neural Transm. 2012 May;119(5):575-9. doi: 10.1007/s00702-012-0790-2.
7. Peikert A, Wilimzig C, Köhne-Volland R.Prophylaxis of migraine with oral magnesium: results from a prospective, multi-center, placebo-controlled and double-blind randomized study. Cephalalgia. 1996 Jun;16(4):257-63.
8. Pfaffenrath V, Fendrich K, Vennemann M et al. Regional variations in the prevalence of migraine and tension-type headache applying the new IHS criteria: the German DMKG Headache Study. Cephalalgia 2009; 29: 48–57.
9. Tarighat Esfanjani A, Mahdavi R, Ebrahimi Mameghani M, Talebi M, Nikniaz Z, Safaiyan A. The effects of magnesium, L-carnitine, and concurrent magnesium-L-carnitine supplementation in migraine prophylaxis. Biol Trace Elem Res. 2012 Dec;150(1-3):42-8. doi: 10.1007/s12011-012-9487-5.
10. Wang F, Van Den Eeden SK, Ackerson LM, Salk SE, Reince RH, Elin RJ. Oral magnesium oxide prophylaxis of frequent migrainous headache in children: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Headache. 2003 Jun;43(6):601-10.
11. Yoon MS, Katsarava Z, Obermann M et al. Prevalence of primary headaches in Germany: results of the German. Headache Consortium Study. J Headache Pain 2012; 13: 215–223.